Stromer für den Massenmarkt:Energiewende auf der Straße und in den Köpfen

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Studien sehen E-Fahrzeuge vor dem Durchbruch. Während heute nur knapp zwei Prozent der befragten Haushalte ein Elektroauto besitzen, planen 16 Prozent dessen Anschaffung. Gegen den Kauf spricht nach wie vor die Ladeinfrastruktur.

Von Joachim Becker

Mit Vollstrom aus der Nische in den Massenmarkt: Das neue KfW-Energiewendebarometer lässt eine stärkere Nachfrage bei alternativen Antrieben erwarten: Während heute nur knapp zwei Prozent der befragten Haushalte ein Elektroauto besitzen, planen 16 Prozent dessen Anschaffung. Das ergab eine repräsentative Umfrage bei rund 4000 Haushalten in Deutschland. Den Marktforschungen der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) zufolge stehen mehr als 90 Prozent der Haushalte in Deutschland hinter der Energiewende. Bei Elektrofahrzeugen herrschen allerdings die Bedenken vor: Die lückenhafte Ladeinfrastruktur wird als wichtigster Grund gegen den Kauf genannt (84 Prozent), gefolgt von der Reichweite der Stromer (81 Prozent) und erst danach vom Kaufpreis (79 Prozent).

Diese Bedenken wollen BMW, Mercedes und Audi durch neue, reichweiten-starke Superstromer zerstreuen. Die deutschen Premiummarken führen in der genannten Reihenfolge auch das aktuelle Innovationsranking des Center of Automotive Management (CAM) an. Alle Konzernmarken zusammengenommen, bleibt die Volkswagen-Gruppe mit 233 Innovationen weltweit an der Spitze. Es folgen Toyota und Tesla auf Rang vier und fünf; die Toyota-Tochtermarke Lexus hat nach innovationsschwachen Jahren eine Aufholjagd gestartet.

Die hohe Innovationsstärke der deutschen Marken speist sich zu rund 50 Prozent aus den Zukunftsfeldern Vernetzung und Assistenzsysteme. Neuerungen beim Verbrennungsmotor spielen eine immer geringere Rolle, während die Zahl der Innovationen im Bereich der elektrischen Fahrzeuge noch dürftiger ist (Volkswagen drei Prozent, BMW drei Prozent, Daimler ein Prozent). Aufgrund aktueller Produktentwicklungen werde sich das Bild aber stark zugunsten der Elektromobilität ändern, ist Studienleiter Stefan Bratzel überzeugt.

In Innovations-Rankings spielen Verbrennungsmotoren eine immer geringere Rolle

"Die Automobilmarken stehen angesichts paradigmatischer Veränderungen von Technologien und Geschäftsmodellen vor den größten Herausforderungen ihrer Geschichte. Innovation wird zur zentralen Überlebensfrage", so Bratzel. Zudem zeige eine neue Elektromarke wie Tesla, dass sie den deutschen Premiummarken durchaus gefährlich werden könne. Erstmals finden sich 2018 acht chinesische Hersteller unter den Top-25-Konzernen. Sie blenden den Verbrennungsmotor bei ihren Innovationsaktivitäten fast vollständig aus und setzen vor allem auf die Zukunftsfelder alternative Antriebe und Vernetzung sowie autonomes Fahren. Während die meisten deutschen Konzerne bei der Elektromobilität eine Aufholjagd aus dem breiten Feld der Verfolger starten, haben die chinesischen Konzerne gute Chancen, in den nächsten Jahren noch besser abzuschneiden. Eine chinesische Premiummarke wie Nio könne laut CAM eine ähnliche Entwicklung wie Tesla durchlaufen. Der Nio-Mutterkonzern Next EV landet noch vor Traditionsherstellern wie Fiat-Chrysler, Renault oder Mazda auf Rang 13 des Rankings.

BMW kommt mit 60 Neuerungen erstmals seit sechs Jahren wieder auf Platz eins bei den Innovationen. Der Erfolg basiert nicht nur auf neuen Technologien, sondern auch auf der Kombination mit neuen datenbasierten Dienstleistungen. BMW konnte unter anderem mit dem tarif- und umweltoptimierten Batterieladeservice im 530e iPerformance und mit dem "On-Street Parking"-Service überzeugen. Solche Dienste sind auch als Tauschwährung zwischen den Herstellern interessant. Das Joint Venture der Mobilitätsdienste von Moovel beziehungsweise Car2go (Daimler) und DriveNow (BMW) ist dafür das beste Beispiel: Die Zukunftsaussichten der jeweiligen Dienstleistungen spielten eine entscheidende Rolle bei der Portfolio-Bewertung.

© SZ vom 07.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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