Streit ums Pfand:Handel will weitgehend auf Dosen verzichten

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Die Kosten für eine bundeseinheitliche Rücknahme-Regelung für Einwegverpackungen sind der Industrie zu hoch. Deshalb könnten Dosen und Einwegflaschen aus den Regalen verschwinden. Anstelle des einheitlichen Pfand-Systems bevorzugt der Handel daher so genannte "Insel-Lösungen".

An Kompromissbereitschaft im Dauer-Streit um die Einführung eines bundeseinheitlichen Dosenpfand-Systems fehlt es offenbar auf beiden Seiten. Dies zeichnet sich nach dem "Dosen-Gipfel" zwischen Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und Vertretern des Handels sowie der Getränkeindustrie ab. Bei diesem Treffen kündigte der Einzelhandel bisherige Zusagen auf und wird kein flächendeckendes Rücknahmesystem für Einweg-Getränkeverpackungen bis zum 1. Oktober einführen.

Suchen einen Abnehmer: Deutschlands Dosen (Foto: AP)

Die Wirtschaft habe die Zusage "einseitig gekündigt", sagte Trittin am Mittwoch nach dem Krisentreffen von Industrie und Umweltverbänden. Er kritisierte "massive Uneinigkeit innerhalb der Wirtschaft" und forderte vom Handel noch in dieser Woche eine Grundsatzentscheidung zum Dosenpfand.

Handel bevorzugt Insel-Lösung

In Berlin zeichnete sich ab, dass die Händler so genannte Insel-Lösungen bevorzugen: Danach könnten Handelsketten ihr eigenes Rücknahmesystem entwickeln. Diese Variante sei ebenfalls von der geltenden Verpackungsordnung gedeckt. Laut Trittin muss der Handel noch in dieser Woche die Grundsatzentscheidung fällen, ob er ganz auf die Insel-Lösungen setzt.

Auch dadurch würde sich die Situation für die Verbraucher im Vergleich zur momentanen Lage deutlich verbessern, betonte der Minister. Bisher können Kunden Dosen und Einwegflaschen nur in dem Laden zurückgeben, in dem sie sie gekauft haben. Mit dem neuen System könnten sich Handelsketten zu einem Verbund zusammenschließen — die Rückgabe wäre dann in deutlich mehr Geschäften möglich als bisher.

Trittin lehnt Steuer ab

Den Vorstoß der Wirtschaft, das Pfand durch eine Steuer zu ersetzen, lehnte Trittin nachdrücklich ab. Das nähre den Verdacht, dass es den Urhebern dieser Idee in Wirklichkeit darum gehe, "erneut auf Zeit zu spielen, nur um am Ende die Pfandpflicht ganz zu kippen". Seit Einführung des Dosenpfands seien rund 10.000 neue Arbeitsplätze entstanden. Zudem würden leere Dosen nicht mehr so achtlos in die Landschaft geworfen, sagte der Minister.

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, sieht hingegen nur eine geringe ökologische Wirkung. Wirtschaftlich habe die Einweg-Pfandpflicht dagegen bereits zu erheblichen Umsatzeinbrüchen, Kurzarbeit und Arbeitsplatzverlusten in der Getränkebranche geführt, sagte Rogowski ebenfalls in der Freien Presse.

Durch die Einführung eines bundesweiten Rücknahmesystems würden milliardenschwere Investitions- und Betriebskosten entstehen, die die betroffenen Produkte weiter verteuern würden.

Verzicht auf Einweg-Getränke?

Der Geschäftsführer des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), Holger Wenzel, argumentierte vor Journalisten in Berlin, ein bundesweites Rücknahmesystem sei in der derzeitigen Situation nicht mehr sinnvoll. Die Mehrheit der Händler tendiere dazu, Einweg-Getränke ganz aus den Regalen zu nehmen. Der HDE bevorzuge daher weiterhin einen maßvollen Zuschlag" von acht bis 15 Cent pro Verpackung. Eine solche Abgabe würde der Verbraucher direkt durch höhere Getränkepreise zu spüren bekommen.

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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