Streit um Online-Stellenbörse:Bundesregierung verdächtigt Weise der Intrige

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In der Skandalserie um die Kostenexplosion beim Virtuellen Stellenmarkt der Bundesagentur für Arbeit verliert Behördenchef Frank-Jürgen Weise nun offenbar auch die Rückendeckung der Bundesregierung.

Die Berliner Zeitung zitierte Regierungskreise mit den Worten: "Herr Weise versucht, diese Sache sehr einseitig seinem Vorstandskollegen Heinrich Alt anzuhängen." Es sei gut möglich, dass mittels einer Intrige versucht werde, "den Alt los zu werden".

Kanzler Schröder lässt sich von BA-Chef Frank-Jürgen Weise Verbesserungen bei der Vermittlung von Arbeit erklären. (Foto: Foto: dpa)

Wegen der Kostenexplosion war die Internet-Jobbörse Ende Februar auf die Initiative Weises hin gestoppt worden. Der Chef der Bundesagentur war daraufhin noch für seine offene Informationspolitik gelobt worden.

Unter Berufung auf interne Dokumente der Bundesagentur meldete das Handelsblatt, Weise sei bereits im August, spätestens aber im September vergangenen Jahres von den anstehenden Mehrkosten informiert gewesen. Anschließend habe er auch seinen Vorstandskollegen Heinrich Alt eingeweiht und die Erhöhung der Kosten als "begründet" bezeichnet. Zugleich habe er aber das Verfahren mit Fragezeichen versehen.

Weise und Alt hatten zuvor erklärt, sie hätten erst im Dezember davon erfahren.

"Nicht kontrolliert oder nicht informiert"

Nach einem Bericht der Nürnberger Nachrichten wachsen aber auch die Zweifel an der Rolle Alts. Die Zeitung zitierte den Arbeitgebervertreter im Aufsichtsrat, Stephan Götzl, mit den Worten: "Entweder hat Alt die Kostenentwicklung bei dem Projekt nicht kontrolliert, oder er hat kontrolliert und den Verwaltungsrat nicht darüber informiert."

Götzl habe im Verwaltungsrat mehrfach um Informationen zur Kostenentwicklung beim virtuellen Arbeitsmarkt gebeten, aber keine Auskunft erhalten, schrieb das Blatt.

In der Angelegenheit stand Weise am Mittwochmorgen auch dem Bundestag Rede und Antwort. In der nichtöffentlichen Sitzung des Wirtschaftsausschusses sollte es insbesondere um die Kostenexplosion bei der Online-Stellenbörse gehen. Der Bundesrechnungshof nimmt den Vorgang ebenfalls unter die Lupe.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement wurde am Mittag vor dem Ausschuss erwartet. Sein Ministerium lässt nach Informationen der Bild-Zeitung für 835.000 Euro das Image der Nürnberger Agentur untersuchen. Der Auftrag an das Bonner Institut für angewandte Sozialwissenschaft sei am 17. Februar 2004 vergeben worden, meldete das Blatt unter Berufung auf Ministeriumsangaben.

"Total im Eimer"

Der CDU-Wirtschaftsexperte Hartmut Schauerte kritisierte das Projekt: "Das Ministerium will sich offensichtlich bestätigen lassen, was sowieso jeder weiß: dass das Image der BA total im Eimer ist."

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