Streit um Arbeitslosengeld II:Zahlen! Nicht zahlen! Doppelt zahlen!

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Teile der SPD wollen das Arbeitslosengeld II doch schon im Januar überweisen und damit die Auszahlungslücke schließen. Wirtschaftsminister Clement will die 1,4 Milliarden unbedingt sparen. Und das Volk ist verunsichert.

Die Zahlungslücke entsteht durch den Wegfall der heutigen Arbeitslosenhilfe, die das Gesetz Hartz IV mit sich bringt. Die Arbeitslosenhilfe wird zum Monatsende rückwirkend gezahlt, das neue Arbeitslosengeld II soll wie die Sozialhilfe zum Monatsanfang fließen. Daher will Clement die Januar-Zahlung ausfallen lassen und Arbeitslosengeld II erst im Februar zahlen.

Das Argument: Die heutigen Arbeitslosenhilfe-Empfänger hätten zum 31. Dezember ihr Geld erhalten und seien deshalb im Januar nicht bedürftig. Dass dieses Geld aber rückwirkend gezahlt wird und somit ja die Kosten des Dezembers decken soll, übergeht Clement.

Die Grünen wollen zweimal zahlen, Clement nicht

Über die Zahlungslücke hatte das Kabinett bereits auf seiner Klausur in Neuhardenberg debattiert. Dabei wollten die Grünen und SPD-Chef Franz Müntefering zweimal zahlen, im Januar und Februar. Clement, Schröder und Finanzminister Hans Eichel lehnten dies ab. Clement spricht von Zusatzlasten für den Bundeshaushalt von 1,4 Milliarden Euro.

Die "Bild"-Zeitung berichtet über einen Beschluss im Kanzleramt, nach dem die Auszahlung nun doch schon im Januar erfolgen soll. Am Dienstag hatte SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter eine "angemessene" Lösung des Auszahlungsproblems bei der Umstellung auf das Arbeitslosengeld II in Aussicht gestellt, die "den Arbeitslosen entsprechend entgegenkommt".

Doch das Bundeswirtschaftsministerium besteht weiter auf der ersten Auszahlung des neuen Arbeitslosengeldes II Anfang Februar. Der Parlamentarische Staatssekretär Gerd Andres (SPD) sagte im ZDF, sein Ministerium habe entgegen anders lautender Berichte nicht vor, die letzte Zahlung der Arbeitslosenhilfe auf Mitte Dezember vorzuziehen, damit deren Empfänger das neue Arbeitslosengeld II erstmals im Januar erhalten könnten.

Über die dadurch entstehende Auszahlungslücke im Januar gebe es aber Gespräche, sagte Andres. Staatssekretär Andres forderte mehr Geduld und Gelassenheit in der Diskussion um die Reform. Die Reform beinhalte entgegen der verbreiteten Kritik zahlreiche Verbesserungen. Dies gelte auch für Familien mit Kindern, die nun erstmals einen Zuschlag erhalten würden.

Der Union warf Andres ungerechtfertigte Kritik vor, mit der lediglich "moralische Empörung" provoziert werde solle. Auch Grünen-Chef Reinhard Bütikofer nahm Wirtschaftsminister Wolfgang Clement gegen Kritik in Schutz. Der SPD-Politiker begleite die Umsetzung der Reform "außerordentlich intensiv". Es sei klar, dass es auch Schwierigkeiten gebe. "Schließlich wird hier mit größtem Zeitdruck die größte Sozialreform in der Geschichte der Bundesrepublik umgesetzt."

Laut Umfrage große Verunsicherung bei Bürgern

Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins sternverunsichert die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe die Deutschen zutiefst. 59 Prozent der Angestellten und 83 Prozent der Arbeiter befürchten, dass sie ihren Lebensstandard drastisch einschränken müssen, wenn sie arbeitslos werden. Besonders groß ist diese Furcht mit 63 Prozent bei den unter 30-Jährigen.

Die Mehrheit lehnt der Umfrage zufolge die in der Hartz-Reform vorgesehene Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ab. 56 Prozent finden es falsch, dass Arbeitslose, die länger ohne Job sind, weniger Geld bekommen, 36 Prozent sind dafür. Allerdings halten es 53 Prozent der Deutschen für richtig, dass Langzeitarbeitslose künftig jede zumutbare Arbeit annehmen müssen. Das sehen sogar 38 Prozent der Arbeitslosen und 46 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder so.

(AP)

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