Streit über Strategie:Hewlett-Packard feuert Carly Fiorina

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Die schillerndste Top-Managerin der USA muss den Dienst quittieren: HP-Chefin Carly Fiorina ist überraschend zurückgetreten. Sie unterliegt damit im Kampf um die künftige Ausrichtung des Konzerns.

Carly Fiorina ist zurückgetreten. Sie hat ihre Aufgaben an der Spitze von Hewlett-Packard (HP) mit sofortiger Wirkung aufgegeben. Robert Wayman übernimmt zusätzlich zu seinem Posten als Finanzchef kommissarisch den des Vorstandschefs, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist; Patricia Dunn ersetzt Fiorina als Vorsitzende des Verwaltungsrats. Weitere Veränderungen in der Führung seien nicht geplant, heißt es.

Charismatisch und visionär: Carly Fiorina. (Foto: Foto: dpa)

Dass Fiorina das Unternehmen nicht aus freien Stücken verlässt, wird aus ihrer Erklärung zum Abschied deutlich. "Obwohl ich bedauere, dass der Verwaltungsrat und ich unterschiedliche Meinungen dazu haben, wie wir HPs Strategie ausführen sollen, respektiere ich seine Entscheidung", sagte die Managerin, ohne näher auf die Differenzen einzugehen.

Gerüchte

In den vergangenen Wochen waren bereits Gerüchte kursiert, dass der Verwaltungsrat Fiorinas Aufgaben mehr auf andere Führungskräfte verteilen wolle. In der Belegschaft von HP wurde nach dem Rücktritt gemunkelt, dass sich Fiorina dem Stab von US-Präsident Bush anschließen könnte. Dies erfuhr sueddeutsche.de aus HP-Kreisen.

In einer Analystenkonferenz des Unternehmens klang an, dass der neue Chef wohl mehr operativ tätig werden soll. Dunn hatte zuvor erklärt, HP danke Fiorina für ihre Führung und freue sich jetzt darauf, die Umsetzung der Strategie zu beschleunigen.

Die charismatische und visionäre ehemalige HP-Chefin gehörte zu den schillerndsten Topmanagern in den Vereinigten Staaten. In den sechs Jahren an der Spitze hat sie Hewlett-Packard ihren Stempel aufgedrückt, vor allem durch die hart umkämpfte und auch heute noch umstrittene Übernahme des Konkurrenten Compaq.

Massengeschäft

Dadurch verbesserte die Technologiefirma ihre Position in vielen Sparten und vergrößerte ihre Marktanteile; sie verstärkte damit aber auch das Gewicht des PC-Bereichs, was viele für einen Fehler hielten. Denn Computer sind zu einem Massengeschäft geworden; Dell drückt die Preise dank seiner überlegenen Logistik, so dass die Wettbewerber nur unter Mühe geringe Gewinne erwirtschaften.

IBM will seine PC-Sparte deshalb an Lenovo verkaufen. Positiv bewerten die meisten Experten hingegen, dass Fiorina HPs Servicegeschäft ausgebaut hat, wenngleich es noch nicht annähernd an das von IBM heranreicht.

Hewlett-Packards Paradepferd ist aber nach wie vor die Druckersparte, die den allergrößten Teil der Gewinne beisteuert. Die Analysten von SG Cowen schätzen, dass sie alleine mindestens 20 Dollar pro Aktie wert ist.

Doch die Börse bewertete das Unternehmen zum Zeitpunkt von Fiorinas Abschied nur mit rund 20 Dollar pro Aktie. Das dürfte der tiefere Grund für den Rausschmiss sein: Schon lange rechnen Manager, Analysten und Aktionäre vor, dass HP eigentlich viel zu billig sei. Doch Fiorina ist es nicht gelungen, den vermeintlichen wahren Wert zu heben; der Aktienkurs war zuletzt niedriger als vor einem Jahr.

"Positiver Katalysator"

"Ohne Frage wird die Investorengemeinde die Veränderung im Management als positiven Katalysator betrachten", vermuteten die Experten von SG Cowen, und sie behielten zunächst recht: Nach Bekanntwerden von Fiorinas Abgang sprang die Aktie um ein Zehntel hoch.

Das wundert Stefan Schaaps, Berater bei Pierre Audoin Consultants, nicht - obwohl er findet, dass Fiorina einen guten Job gemacht habe: "Sie hat für ein sehr gutes Image gesorgt. Ich finde auch die Positionierung von HP heute gut. Fiorina hat die Firma nach vorne gebracht und die Mitarbeiter motiviert."

Dennoch könne es gut sein, wenn nun jemand komme, der eine neue Ära einleite. Mit Fiorinas Entlassung setze der Vorstand ein Zeichen: "Jemand Neues kann bei den Investoren Vertrauen schaffen."

© SZ vom 10.02.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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