Streik im öffentlichen Dienst:Die neue Geschmeidigkeit des Kurt Beck

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Der Streik im öffentlichen Dienst ergreift immer weitere Teile Deutschlands. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck, der derzeit im Wahlkampf steht, hält die Forderung nach Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche inzwischen nicht mehr unbedingt aufrecht.

Nach Streiks in bislang acht Bundesländern legten am Mittwoch auch in Schleswig-Holstein Mitarbeiter von sechs Straßenbauverwaltungen, Beschäftigte der Katasterämter und weiterer Ämter die Arbeit ganztägig nieder.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und Vize-Vorsitzende der SPD, Kurt Beck. (Foto: Foto: dpa)

Angesichts der von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di angekündigten wochenlangen Streikmaßnahmen machte der rheinland- pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) einen neuen Kompromissvorschlag.

Dagegen wollte der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft der Länder, Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) von seiner Haltung nicht abweichen.

Beck sagte der Financial Times Deutschland: "Ich könnte mir durchaus ein flexibles Modell von Arbeitszeiten zwischen 38,5 und 40 Stunden vorstellen, das zum Ausgleich auch Zulagen vorsieht." Das Modell "würde den Ländern erlauben, die Arbeitszeit auszugestalten".

"Durchaus sinnvoll"

Etwa an Hochschulen, bei Polizeidienststellen, technischen Dienststellen und im Straßendienst sei eine flexible Arbeitszeitregelung durchaus sinnvoll.

Für Zulagen bei verlängerter Arbeitszeit hatte sich auch der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) stark gemacht, der sich wie Beck im Landtagswahlkampf befindet.

Kliniken, Straßenmeistereien und Müllabfuhren

Am Dienstag hatten nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mehr als 26.000 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt. Das waren 4000 mehr als am Montag. Schwerpunkte lagen vor allem bei Universitätskliniken, Straßenmeistereien und den Müllabfuhren. ver.di rechnet mit rund 40.000 Streikteilnehmern in dieser Woche.

Bei dem Arbeitskampf geht es nach ver.di-Angaben in Ländern und Gemeinden um verschiedene Ziele. Die Beschäftigten der Kommunen wenden sich gegen die Erhöhung der Wochenarbeitszeit um 1,5 auf mindestens 40 Stunden.

Die streikenden Landesbediensteten verlangen die Übernahme des von Bund und Kommunen im September 2005 unterzeichneten Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD). Von den Universitätskliniken fordert ver.di die Übernahme des für die kommunalen Krankenhäuser bereits geltenden Tarifvertrages.

"Unverantwortlich"

Möllring nannte ver.dis Taktik "unverantwortlich". Er monierte insbesondere die Notfallversorgung in Krankenhäusern. Insgesamt lasse ihn der Streik jedoch unbeeindruckt. "Den Müll kann man auch von Privatfirmen entfernen lassen", sagte er der Neuen Presse in Hannover.

Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) warf ver.di am Dienstagabend vor, auf dem Rücken der Patienten zu streiken. "Die Streikenden spielen mit Menschenleben", sagte Prof. Axel Haverich, Direktor der Herzgefäßchirurgie. Durch den Streik seien derzeit nur 9 von 22 Operationssälen in Betrieb.

Ver.di wehrte sich gegen die Vorwürfe und verwies auf die Notdienst-Vereinbarung. Seit Montag habe die MHH zwei Notfall-Ausnahmen angemeldet, die sofort von der örtlichen Streikleitung befürwortet worden seien.

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