Streik:Fahrradfahren in New York

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Am Freitag stehen in der Acht-Millionen-Metropole die öffentlichen Verkehrsmittel still. Der Gewerkschaft Transport Workers Union geht es auch um den Erhalt der Macht.

Andreas Oldag

New York bereitet sich für den Freitag auf einen Streik der öffentlichen Verkehrsmittel vor. Alle Räder sollen nach dem Willen der Gewerkschaft Transport Workers Union stillstehen.

U-Bahn-Haltestelle Columbus Circle in New York City. (Foto: Foto: Reuters)

Um dennoch zur Arbeit zu gelangen, haben sich viele U-Bahn- und Busnutzer mit fahrbaren Untersätzen ausgerüstet. Sportgeschäfte melden Rekordumsätze mit Rollerskates und Fahrrädern.

Für Autofahrer wird es allerdings schwierig. Bürgermeister Michael Bloomberg hat vor einem Verkehrschaos in der Acht-Millionen-Einwohner-Metropole gewarnt.

Achtprozentiger Lohnaufschlag gefordert

Außerdem würden New Yorks Wirtschaft pro Streiktag Einnahmen von bis zu 660 Millionen Dollar verloren gehen. Das stört den Boss der Transport Workers Union, Roger Toussaint, nicht. Er fordert einen achtprozentigen Lohnaufschlag und bessere Sozialleistungen.

Die stadteigene Metropolitan Transport Authority (MTA), die das U-Bahn- und Busnetz betreibt, hat indes gerichtliche Schritte gegen die Gewerkschaft eingeleitet. Die Organisation muss damit rechnen, pro Tag eine Strafe von einer Million Dollar plus 25.000 Dollar pro Streikendem zu zahlen. Die Arbeitgeber berufen sich auf das so genannte Taylor-Gesetz aus den sechziger Jahren, das öffentlich Bediensteten einen Arbeitsausstand verbietet.

Lebenswichtig

Das öffentliche Verkehrsnetz ist für New York lebenswichtig: Jeden Tag nutzen etwa viereinhalb Millionen Fahrgäste die U-Bahn, die ein Streckennetz von mehr als 1000 Kilometern hat, 475 Haltestellen und 6500 Waggons. Hinzu kommen Busse und Pendlerzüge, die von der MTA betrieben werden.

Es geht der Gewerkschaft allerdings nicht nur um finanzielle Verbesserungen für ihre Mitglieder, sondern auch um den Erhalt ihrer Macht. Dabei kommt der Transport Workers Union zugute, dass ihre 33.700 Mitglieder immerhin etwa 70 Prozent der gesamten MTA-Beschäftigten ausmachen.

Anders sieht es dagegen in den Industriebranchen in den USA aus: Vorbei sind die goldenen Zeiten der Gewerkschaften, die in ihrem klassischen Milieu, den großen Automobilfabriken in Detroit oder der Maschinenbau- und Textilindustrie im Osten und Südosten des Landes, den Arbeitgebern großzügige Tarifverträge abtrotzten.

Mit Gewerkschaften nicht viel am Hut

Und in der Computer- und Biotechnologieindustrie ist eine neue Generation von Beschäftigten herangewachsen, die mit Gewerkschaften nicht viel am Hut hat.

Die Folge: Der US-Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO, der in seinem Gründungsjahr 1955 mit knapp 18 Millionen Mitgliedern noch 34 Prozent der Beschäftigten repräsentierte, spricht heute nur noch für 12,5 Prozent der amerikanischen Arbeitnehmer.

Im Sommer dieses Jahres sind zudem einige Gewerkschaften aus Frust über die ihrer Meinung nach erfolglose Strategie des AFL-CIO aus dem Verband ausgetreten.

Interne Auseinandersetzungen

Die New Yorker Transport Workers Union gehört nicht zu diesen Dissidenten. Doch auch in dieser Organisation gibt es interne Auseinandersetzungen. Viele Mitglieder kritisieren die klassenkämpferischen Parolen der Gewerkschaftsbosse. "Das macht doch alles keinen Sinn mehr. Wir machen uns nur bei den Fahrgästen unbeliebt", meint ein Busfahrer.

© SZ vom 16.12.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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