Streik der Lokführer:Gewerkschaft klopft sich auf die Schulter

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Seit zwei Uhr morgens läuft der angekündigte 30-Stunden-Streik der Lokführer. Obwohl ein Verkehrschaos bisher ausgeblieben ist, zeigt sich die Lokführergewerkschaft zufrieden. Denn der Regional- und S-Bahn-Verkehr konnte mancherorts zum Teil empfindlich gestört werden.

Der jüngste Streik der Lokführergewerkschaft GDL hat am Donnerstag zu starken Einschränkungen im Regional- und S-Bahnverkehr geführt.

Eingeschränkter Verkehr: Pendler im Norden und Osten wie hier in Hamburg sind vom Bahnstreik am stärksten betroffen. (Foto: Foto: AP)

Die stärksten Einschränkungen gab es nach Angaben der Bahn AG in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Bei den S-Bahnen der Großstadtregionen sei es jedoch gelungen, den Verkehr reduziert aufrechtzuerhalten. So seien in Hamburg zwar zwei S-Bahn-Linien völlig ausgefallen. Die anderen fuhren aber alle 20 Minuten.

In Frankfurt verkehre die S-Bahn im Stundentakt. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen seien rund 50 Prozent der Regionalzüge gefahren, bei der S-Bahn Rhein-Ruhr gebe es einen 30-Minuten-Takt.

Auch in Bayern wurde der Bahnverkehr teilweise lahmgelegt. Etwa jeder zweite Nahverkehrszug stehe im Freistaat derzeit still, teilte die Bahn mit. Bei der Münchner S-Bahn verkehrten am frühen Morgen die meisten Linien nur im Stundentakt. Lediglich die S-Bahn zum Flughafen schaffte einen 20-Minuten-Takt. Auf den Autobahnen und Einfahrtsstraßen rund um die Landeshauptstadt bildeten sich teils kilometerlange Staus.

Deutliche Zunahme an Staus

Weil viele Pendler und Bahnreisende auf das Auto umstiegen, rechnet der ADAC für den Tag in einigen Regionen mit etwa 20 Prozent mehr Verkehr. Der Verkehrslagedienst der Polizei meldete am Morgen bereits eine deutliche Zunahme an Staus, mehrere Unfalle ließen den Verkehr zusätzlich erlahmen. Ein regelrechtes Verkehrschaos gebe es jedoch nicht. Die Pendler hätten sich insgesamt gut auf die Lokführer-Streiks eingestellt. Viele Beschäftigte standen deutlich früher auf als gewöhnlich und fuhren schon in den frühen Morgenstunden in die Innenstädte.

In Berlin, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gebe es "eine sehr hohe Streikbeteiligung", sagte Sven Grünwoldt von der zentralen Streikleitung der GDL am Donnerstagmorgen in Frankfurt am Main. In ganz Norddeutschland sei es zu erheblichen Ausfällen gekommen. Auch in Brandenburg fuhren demnach im Regionalverkehr nur wenige Züge. Die S-Bahnen in Leipzig und Dresden fielen aus, zwischen Halle und Leipzig fuhren die Züge im Stundentakt.

Längster Streik bisher

Der neuerliche Streik soll mit 30 Stunden der längste Ausstand in der laufenden Tarifrunde sein. Angestrebt wird ein Zugausfall von 80 Prozent. Der Streik soll bis Freitagmorgen um 8 Uhr andauern. Der Tarifkonflikt ist seit Wochen festgefahren. Während der Konzern nur sein jüngstes Angebot als Verhandlungsgrundlage akzeptieren will, beharrt die GDL auf einem eigenständigen Tarifvertrag und deutlichen Lohnsteigerungen.

"Die Stimmung bei den Kollegen ist sehr gut", sagte Grünwoldt. Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg gebe es "eine wesentlich höhere Streikbereitschaft". Darin sei es der Bahn untersagt worden, streikbereite Lokführer unter Androhung einer Abmahnung zu planmäßigen Einsätzen heranzuziehen.

Grünwoldt sagte, der Ausstand habe im Unterschied zu früheren Streiks ohne Druck von Seiten des Arbeitgebers begonnen. "Wir bezweifeln, dass es der Bahn gelingen wird, in sämtlichen Regionen ihren Notfallplan umzusetzen."

Mehr als 7000 streikfähige Lokführer

Von den 20.000 Lokführern in Deutschland werden nach Angaben der GDL 12.100 im Nah- und Regionalverkehr eingesetzt. Von diesen seien 4400 Beamte, so dass es mehr als 7000 "streikfähige Lokführer" gebe, sagte Grünwoldt. Mehr als 80 Prozent seien bei der GDL organisiert. "Wir gehen davon aus, dass unsere Mitglieder sich alle an dem Streik beteiligen", sagte der Gewerkschafter.

Für telefonische Informationen hat die Bahn rund um die Uhr eine kostenlose Service-Hotline unter der Nummer 08000 99 66 33 geschaltet. Kunden könnten sich im Internet unter www.bahn.de/aktuell über den Ersatzfahrplan informieren, Fahrgäste in München finden Informationen unter www.s-bahn-muenchen.de.

Bahn appelliert an die GDL

In einer halbseitigen Anzeige in großen überregionalen Tageszeitungen wandte sich die Bahn am Donnerstag an die streikenden Lokführer. Das bereits gemachte Angebot sei das "beste, was wir machen können". "Mehr kann unser Unternehmen nicht verkraften, wenn es weiterhin sichere Arbeitsplätze bieten soll und Kündigungen ausschließt", hieß es darin.

Das Unternehmen appellierte an die GDL, das Angebot auch im Interesse der Kunden anzunehmen. Es orientiert sich nach wie vor an dem Abschluss, der im Sommer mit den Gewerkschaften Transnet und GDBA erzielt wurde. Es sieht 4,5 Prozent mehr Einkommen und eine Einmalzahlung von 600 Euro vor.

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