Streik bei Lufthansa:Das Erbe der Lokführer

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Mitten in der Ferienzeit legen die Mitarbeiter die Lufthansa lahm - und das ist gut so. Die immer noch prächtig verdienende Lufthansa hat es versäumt, einen unbefristeten Streik zu verhindern.

Melanie Ahlemeier

Das Recht auf Streik ist in Artikel neun des Grundgesetzes verankert. Es ist also legitim, wenn die Lufthansa-Mitarbeiter von diesem Grundrecht Gebrauch machen. Auch dass sie gleich die stärkste Waffe, den unbefristeten Ausstand wählen, ist völlig rechtens. Nur so kann der Druck auf den gutverdienenden Arbeitgeber zum Leidensdruck werden - vor allem in der Hauptreisezeit mitten in den Sommerferien.

Lange Schlangen am Lufthansa-Schalter: Vom kommenden Montag an müssen Lufthansa-Reisende mehr Geduld mitbringen. (Foto: Foto: AP)

Dass die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nicht verrät, wann genau wo gestreikt wird, ist pure Taktik - Guerillataktik, um genau zu sein. Auch die verstärkt den Druck auf Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber. Der gebürtige Oberösterreicher, der seit fünf Jahren den Konzern führt, wird am kommenden Mittwoch voraussichtlich erneut starke Zahlen präsentieren - den hohen Kerosinpreisen zum Trotz.

Und weil die Nummer eins unter den deutschen Fluggesellschaften im Vergleich zur Konkurrenz immer noch gut verdient, wollen die Angestellten nach Jahren ohne Lohnerhöhung und gleichzeitiger Arbeitsverdichtung nun endlich ein deutliches Plus auf der Gehaltsabrechnung sehen - und zwar mehr als den puren Inflationsausgleich.

Angestachelt und ermutigt

Was in Zeiten einer sich langsam abkühlenden Konjunktur alles möglich ist, hat Anfang dieses Jahres die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer gezeigt. Mit einem Lohnplus von elf Prozent hat sie branchenübergreifend die Gewerkschaften angestachelt - und zugleich ermutigt. Das ist das Erbe des pensionierten GDL-Chefs Manfred Schell.

Viele Mitarbeiterorganisationen waren in den vergangenen Jahren zu handzahm geworden und haben sich bei einer brummenden Konjunktur mit viel zu geringen Lohnaufschlägen von den Arbeitgebern abspeisen lassen.

Die Lufthansa hat im aktuellen Tarifkonflikt nach Nachbesserungen 6,7 Prozent mehr Lohn geboten, Verdi fordert 9,8 Prozent. Bei genauer Betrachtung liegen die Vorstellungen gar nicht weit auseinander, ein Kompromiss ist auch bei den verschiedenen geforderten Laufzeiten möglich. Kehren die Tarifpartner mit kühlen Köpfen an den Verhandlungstisch zurück, könnte relativ rasch eine für beide Tarifparteien tragbare Einigung erzielt werden.

Dann müsste der Streik mitten in der Hauptreisezeit nicht auf den Rücken der Fluggäste ausgetragen werden - und die Gefahr, dass ein Streik bei der Lufthansa zum gleichen Nervfaktor wie der GDL-Streik bei der Bahn wird, ginge gegen null.

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