Streik bei der Lufthansa:Ein Flug, viele Hände

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Der Lufthansa-Streik betrifft viele Berufsgruppen: Wer welche Aufgaben übernimmt und mit welchen Notfallplänen das Unternehmen auf den Arbeitskampf reagiert - eine Aufstellung.

Martin Kotynek

Der unbefristete Streik bei der Lufthansa betrifft verschiedenste Berufsgruppen, darunter Turbinenmechaniker, Busfahrer, Köche und Check-in-Agenten. Mit einem Notfallplan versucht das Unternehmen, den normalen Flugbetrieb aufrecht zu erhalten. Flüge werden zusammengelegt und Passagiere umgebucht. Verdi spielt auf Zeit, denn wenn Wartungsmaßnahmen an den Flugzeugen nicht mehr durchgeführt werden können, müssen sie am Boden bleiben.

Reparatur einer Flugzeugturbine in Hamburg: "Achillesferse der Lufthansa". (Foto: Foto: dpa)

Flugzeugmechaniker

Die "Achillesferse der Lufthansa" nennt Verdi-Mann Arne von Spreckelsen vom Fachbereich Verkehr den Technikbereich des Unternehmens. Jedes Flugzeug muss - neben den Sichtkontrollen vor dem Abflug und der täglichen Überprüfung - einmal pro Woche genauer untersucht werden. Während Fremdfirmen die weniger aufwendigen Kontrollen übernehmen können, führen nur Lufthansa-Mechaniker die wöchentlichen Checks durch.

Das Unternehmen muss bei den Behörden nachweisen, dass der Techniker für die Prüfung qualifiziert ist. Lagere man diese Wochentests an Wettbewerber aus, sei dieser Nachweis nach Angaben eines Lufthansa-Sprechers nur schwer zu erbringen. "Werden die Wartungsarbeiten nicht durchgeführt, darf das Flugzeug nicht mehr fliegen", sagte der Sprecher. Lufthansa wartet die Flugzeuge daher bevorzugt, wenn sie sich im Ausland befinden. Das Unternehmen hat auch Unterstützung bei Mitbewerbern angefordert. Bei Air Berlin bestätigt man eine Anfrage von Lufthansa, doch ob tatsächlich Techniker zur Verfügung gestellt wurden, sei nicht bekannt, hieß es dort. Die Lufthansa-Tochter Germanwings hat noch keine Mechaniker zur Verfügung gestellt.

Schlepperfahrer

In dem Lufthansa-Unternehmen Leos arbeiten Schlepperfahrer, die das Flugzeug etwa zwei Stunden vor Abflug aus der Wartungshalle an die Abflugposition bringen. Nachdem die Fluggäste eingestiegen sind, bewegen die Fahrer das Flugzeug im sogenannten Push-Back vom Flughafengebäude nach hinten. Bei Leos arbeiten auch die Fahrer der Crewbusse, die Piloten und das Bordpersonal zum Flugzeug bringen. Diese Aufgabe übernehmen häufig auch die Betreiber der Flughäfen. Am Flughafen München arbeiten die Schlepperfahrer in einer eigenen Gesellschaft, die zu 49 Prozent dem Flughafen und zu 51 Prozent der Lufthansa gehört. Sie wird nicht bestreikt. Fraport, der Betreiber des Frankfurter Flughafens, stellt der Lufthansa eigene Schlepperfahrer zur Verfügung.

Lesen Sie im zweiten Teil, wie Frachtarbeiter, Köche, Bäcker mit dem Streik umgehen - und warum die Flugbegleiter in den meisten Fällen gar nicht die Arbeit niederlegen.

Frachtarbeiter

Frachtannehmer empfangen die Ware, die von Lastkraftwagen angeliefert wird, Palettierer verteilen die Fracht auf verschiedene Flüge und sogenannte Loadmaster beladen die Flugzeuge. Ein Streik bei der Luftfracht-Tochter träfe den Konzern wirtschaftlich besonders, sagt Gewerkschafter Spreckelsen. In Frankfurt stehe die Frachtabfertigung "weitgehend still", sagt Spreckelsen. Lufthansa Cargo meldet jedoch keine Auswirkungen. Das Unternehmen hat nach Angaben eines Cargo-Sprechers Mitarbeiter aus anderen Ländern eingeflogen, zieht Fremddienstleister heran und auch das Management übernimmt koordinierende Aufgaben. Nach Angaben eines Fraport-Sprechers helfen in Frankfurt Flughafen-Mitarbeiter beim Verladen von Fracht.

Köche, Bäcker und Hilfskräfte

Die Mitarbeiter der Lufthansa-Tochter LSG sorgen für die Bordverpflegung. Köche bereiten das Essen zu, Hilfskräfte stellen die Tabletts zusammen, eigene Fahrer transportieren die Speisen in Trolleys zum Flugzeug und sogenannte Catering-Agenten erklären dem Bordpersonal, wie die Speisen erwärmt werden. Nach Angaben des Luftfahrt-Bundesamtes ist in den Flugbetriebsbestimmungen nicht geregelt, dass Flugzeuge nur mit Verpflegung an Bord starten dürfen. Der Pilot entscheidet, ob das Flugzeug auch ohne Nahrungsmittel starten kann.

Verdi-Mann Spreckelsen bezeichnet die Stimmung unter den LSG-Mitarbeitern als "besonders gereizt". Nach Angaben von Verdi soll Lufthansa im Catering-Bereich derzeit vermehrt Leiharbeiter beschäftigen, um dem Streik entgegenzuwirken. Da der LSG-Wettbewerber Gate-Gourmet momentan ebenfalls bestreikt wird, kann das Unternehmen in Frankfurt nach Angaben einer Sprecherin der Lufthansa nicht helfen.

Check-in-Agenten

Die Mitarbeiter des Lufthansa-Bereichs "Station" übernehmen das Check-in der Fluggäste und organisieren meist auch den Einsteigeprozess am Schalter. Verdi kritisiert hier die befristeten Arbeitsverträge, mit denen vor allem Berufseinsteiger beschäftigt werden sollen. Die Gewerkschaft berichtet, dass Lufthansa eigene nicht streikende Mitarbeiter von kleineren Flughäfen nach Frankfurt eingeflogen habe. Auch soll Lufthansa Check-in-Agenten von anderen Fluggesellschaften einsetzen. Das Unternehmen bestätigte diese Meldungen jedoch nicht. Die Flughäfen könnten nur beschränkt Hilfe leisten, da Lufthansa ein eigenes Computersystem einsetzt. Beim Flughafen München ist noch keine Anfrage von Lufthansa eingegangen.

Flugbegleiter

Das Bordpersonal reagiert nur verhalten auf die Aufforderung zum Streik. Der Großteil der Flugbegleiter ist nicht bei Verdi Mitglied, sondern bei der Unabhängigen Flugbegleiter Organisation.

© SZ vom 30.07.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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