Streik-Auswirkungen auf die Industrie:"Das ist eine kleine Katastrophe"

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Horrorszenario für die Industrie: Weil die Lokführer streiken, könnte mancherorts die Produktion gefährdet werden.

Melanie Ahlemeier und Bernd Piringer

Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) macht ernst: Am Freitag wird nun doch gestreikt. Von 2 Uhr morgens bis Mitternacht soll der Nahverkehr lahmgelegt werden - bundesweit. Trotz eines für Donnerstagnachmittag angesetzten Krisengipfels ist für GDL-Vize Claus Weselsky der Streik beschlossene Sache.

Produktion gefährdet: VW in Wolfsburg baut einem möglichen Streik der Lokführer vor. (Foto: Foto: ddp)

Die obersten Streithähne - Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und GDL-Boss Manfred Schell - wollen noch einmal am runden Tisch zusammenkommen, und vielleicht in letzter Minute einen Kompromiss finden. Doch die Chancen für eine Einigung stehen schlecht: Die beiden Tarifparteien liegen mit ihren jeweiligen Vorstellungen einfach zu weit auseinander. Darum rüstet sich die Industrie für den Worst Case.

"Die Logistiker rotieren", sagte Volkswagen-Sprecher Christoph Adomat zu sueddeutsche.de. Zwar setze Europas größter Autobauer darauf, dass sich Bahn und GDL noch einigten. "Trotzdem haben wir unsere Logistikprozesse genau durchleuchtet."

Golf-Produktion in Gefahr

VW gerät vor allem am Standort Wolfsburg massiv unter Druck. Auf der einen Seite brummt der Golf-Absatz und diskutiert die Werksleitung mit dem Betriebsrat über Sonderschichten.

Auf der anderen Seite könnte ein Streik der Lokführer auch die Golf-Produktion gefährden. Das würde vor allem dann gelten, wenn es wider den Ankündigungen doch Streiks im Güterverkehr geben sollte. "Ein Produktionsstillstand wäre aus unserer Sicht eine kleine Katastrophe", so Adomat.

Auch BMW in München befürchtet massive Konsequenzen, sollte sich der Lokführer-Streik auf den Güterverkehr ausdehnen. 60 Prozent der fertigen Fahrzeuge, rund 2000 Autos pro Tag, werden per Güterzug aus den Werken transportiert, sagte BMW-Sprecher Michael Rebstock. Im Extremfall würden sich die fertigen Fahrzeuge sprichwörtlich "stapeln".

Große Lager bei MAN

Beim Lkw-Hersteller MAN in München sieht man dem GDL-Protest hingegen gelassener entgegen. Probleme in der Lkw-Produktion würden erst bei einem länger als eine Woche dauernden Streik auftreten - so lange reichen die gelagerten Teile für die Produktion.

Verwundbar wären die Autokonzerne vor allem wegen des so genannten "Just-in-Time-Prinzips". Diese Produktionsmethode, bei der die Teile zur weiteren Verarbeitung fast minutengenau angeliefert werden, ist vor allem in der Automobilproduktion verbreitet. Hohe Lagerkosten werden damit zwar vermieden, da die Teile direkt nach der Anlieferung geprüft und weiterverarbeitet werden. Doch wenn die Komponenten auf Grund ausbleibender Züge nicht mehr angeliefert werden, dann ruht mit einem Schlag die Produktion.

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