Strategen erwarten steigende Zinsen:Rentenfonds verlieren an Charme

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Trotz niedriger Zinsen hat sich in den vergangenen Jahren eine Investition in Anleihen meist gelohnt. Rentenfonds, die ihr Geld in festverzinsliche europäische Schuldverschreibungen stecken, warfen jährlich bis zu zehn Prozent ab. Doch jetzt wachsen wegen steigender Leitzinsen die Risiken.

Von Martin Hesse

Die Zinsen, die Anleger für europäische Staatsanleihen erhalten, liegen nahe an ihren historischen Tiefständen. Gut dreieinhalb Prozent gibt es für eine Bundesanleihe, die in zehn Jahren fällig wird.

Der Pfeil auf dem Schild vor der Europäischen Zentralbank zeigt nach oben: Viele Markstrategen erwarten, dass es mit den Zinsen aufwärts geht. (Foto: Foto: AP)

Bedenkt man, dass Geld derzeit in Deutschland jährlich etwa 1,8 Prozent an Wert verliert, bleibt nicht viel übrig. Dennoch haben Euro-Rentenfonds in den vergangenen drei Jahren hohe Erträge abgeworfen. Im Durchschnitt summierten sich die Gewinne auf gut 17 Prozent, die besten Fonds erwirtschafteten bis zu 30 Prozent. Der Grund: Spiegelbildlich zu den fallenden Zinsen stiegen die Anleihenkurse. Sie machten zuletzt den Großteil der Gewinne europäischer Rentenfonds aus.

An der Spitze der Ranglisten stehen Fonds, die vorwiegend oder ausschließlich in lange Laufzeiten investieren, etwa der Fortis L Bond Long Euro oder der UniEuroBond XL.

Höhere Risikoprämie bei langen Laufzeiten

Erstens haben langlaufende Anleihen in normalen Marktphasen höhere Zinscoupons als Schuldverschreibungen, die schon nach wenigen Monaten oder Jahren fällig werden. Der Emittent muss Schuldnern eine höhere Risikoprämie bieten. Zweitens reagieren die Kurse langlaufender Anleihen stärker auf Zinsveränderungen. In Phasen fallender Leitzinsen - wie bis zum vergangenen Sommer - steigen die Kurse daher besonders stark.

Doch der Zusammenhang gilt auch umgekehrt: Gehen die Anleger an den Anleihenmärkten davon aus, dass die Leitzinsen künftig steigen, trennen sie sich in der Regel vor allem von langlaufenden Anleihen. Und genau das fürchten viele Anleihenexperten. "Der Zinstrend wird sich tendenziell umkehren, sodass das Risiko von Kursverlusten zunimmt", sagt Carsten Hermann, Portfoliomanager beim Fondsanalysehaus Feri Trust.

Was steigende Renditen und fallende Kurse für Anleger bedeuten, zeigt ein Beispiel: Steigt die Rendite von Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit um mehr als etwa 0,57 Prozentpunkte, erleidet der Anleger auf ein Jahr gesehen Verluste.

Risiken in den USA

Risiken für den Anleihenmarkt sehen die Strategen vor allem in den USA. Nach der Rezession im Jahr 2001 hatte die amerikanische Notenbank (Fed) die Leitzinsen auf das Rekordtief von 1,00 Prozent geschraubt. Weil die US-Wirtschaft im vergangenen Jahr mit einer Rate von 4,4 Prozent wuchs, zieht die Fed seit Sommer 2004 die geldpolitischen Zügel langsam an. Bis zum Jahresende erwarten Analysten einen Anstieg auf 3,75 Prozent.

Trotzdem sind die Anleihenkurse in den USA bislang nur leicht gefallen, die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen liegt bei 4,15 Prozent. "Die asiatischen Zentralbanken haben durch ihre hohe Nachfrage nach Dollar-Papieren die Kurse gestützt", sagt Jörg Warnke, Manager des UniEuroBond XL. Er hält wegen des starken Wachstums und der zu erwartenden Zinsschritte der Fed den US-Anleihenmarkt für überbewertet.

Unterschiedliche Auffassungen

Bei europäischen Anleihen scheiden sich die Geister. Gernot Griebling, Leiter der Rentenmarktstrategie der Landesbank Baden-Württemberg, hält auch die Kurse europäischer Rentenpapiere für überhöht. "Nur Ende 1993 war die reale Umlaufrendite niedriger als heute", argumentiert er. "Damals aber steckte Deutschland in einer Rezession, die sehen wir in diesem Jahr nicht."

Fondsmanager Warncke ist dagegen der Ansicht, das niedrige Zinsniveau in Europa lasse sich gut begründen. "Wir erwarten 1,5 Prozent Wachstum in der Eurozone und 1,7 Prozent Inflation", erläutert der Fondsmanager. Gehe man davon aus, dass der Marktzins der Summe dieser beiden Größen zuzüglich einer geringen Risikoprämie entspreche, dann seien 3,5 Prozent für zehnjährige Bundesanleihen nicht zu wenig.

Häufig parallel

Zwar entwickelten sich die Renditen in Europa häufig parallel zu den US-Renditen. "Der Renditeanstieg - und damit die Kursverluste - dürfte jedoch in den USA höher ausfallen als in Europa", erwartet der Fondsmanager.

Auch FeriTrust-Experte Hermann sieht in den USA die größten Kursrisiken und verweist außerdem auf die Gefahr, dass der Dollar weiter fällt. "Wegen der Defizite im Haushalt und der Leistungsbilanz der USA bleibt das Währungsrisiko dort hoch", glaubt er. Wer im Rentenmarkt investiert bleiben wolle, solle sich eher auf den Euroraum konzentrieren.

Zusatz aus Osteuropa

Viele Euro-Rentenfonds mischen allerdings bis zu zehn Prozent Anleihen osteuropäischer Staaten in lokalen Währungen bei. Der Grund: Ungarische Forint- oder polnische Zloty-Anleihen bieten deutlich höhere Zinsen als etwa deutsche Papiere. Freilich nehmen die Manager damit auch ein Währungsrisiko auf sich.

In der Vergangenheit kauften die Euro-Bond-Manager zudem kleinere Positionen an Unternehmensanleihen. Das lohnte sich ebenfalls wegen der höheren Verzinsung dieser Papiere. Allerdings ist der Zinsabstand zwischen Firmenanleihen mit guter Bonität und Staatsanleihen mittlerweile auf einem Rekordtief, sodass die Strategie an Reiz verliert.

Wer trotz der Kursrisiken und niedriger Zinsen am Anleihenmarkt investiert bleiben will, sollte nach Ansicht von Hermann einen Fonds wählen, der auch in kürzere und mittlere Laufzeiten investieren kann. Geldmarktfonds hält er dagegen vorerst für unattraktiv, weil sie derzeit durchschnittlich im Jahr nur gut zwei Prozent Rendite abwerfen.

© SZ vom 01.02.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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