Stille Übernahmen:Finanzinvestoren greifen nach deutschen Firmen

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Die großen anglo-amerikanischen Beteiligungsfonds spielen eine wachsende Rolle beim Umbau der Deutschland AG.

Von Martin Hesse

KKR schnappt sich DaimlerChryslers MTU, Permira hat die Kirch-Tochter Premiere geschluckt, Bain Capital steht vor der Übernahme des Deutsche-Bahn-Zöglings Brenntag. Internationale Finanzinvestoren greifen verstärkt nach deutschen Unternehmen.

Nach Statistiken der auf Fusionen und Übernahmen (M&A) spezialisierten Datenbank Finance DealBank traten bei rund 20 Prozent aller in diesem Jahr bis Ende November abgeschlossenen M&A-Transaktionen Beteiligungsfirmen als Käufer auf. Auf dem Höhepunkt der Börseneuphorie im Jahr 2000 waren es noch 14 Prozent.

Noch deutlicher wird die Rolle der Finanzinvestoren beim Volumen der Übernahmen, bei denen deutsche Firmen das Ziel waren. Dort kommen die Private-Equity-Fonds - deren Geschäft es ist, Unternehmen mit zu kaufen, auf Profit zu trimmen und weiter zu veräußern - auf einen Anteil von rund 30 Prozent.

Kontinuierlicher Prozess

Eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung unter Beteiligungsfirmen und M&A-Experten bestätigt den Trend. "Heute sitzen bei jeder großen Transaktion mit einem Volumen von bis zu drei oder vier Milliarden Euro Private-Equity-Firmen mit am Tisch", sagt Thomas Krenz, der das Deutschland-Geschäft bei Permira leitet.

"Die Deutschland AG bricht auf, und die Private Equity Gesellschaften spielen als Käufer eine maßgebliche Rolle", beobachtet Werner Suhl, M&A-Experte bei der Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers.

Vorwiegend sind es anglo-amerikanische Fonds, die sich am deutschen Markt tummeln. "Es wird praktisch nur ausländisches Kapital in Deutschland investiert", sagt Jörg Kirchner, Partner bei der auf M&A-Beratung spezialisierten Kanzlei Ashurst Morris Crisp.

Die Marktbeobachter erwarten jedoch, dass die Auflösung typisch deutscher Eigentümerstrukturen, die häufig mit dem Etikett Deutschland AG versehen werden, nur langsam voran gehen wird. "Es wird nicht den großen Knall geben, sondern eine kontinuierliche Entwicklung", sagt Thomas Ehren, Leiter des Bereichs Corporate-Finance bei der Unternehmensberatung KPMG.

Für den Verkauf von Beteiligungen gibt es nach Einschätzung der Experten mehrere Motive. So hat der Verfall der Aktienkurse den Druck auf Banken und Versicherungen erhöht, Industriebeteiligungen abzustoßen.

"Charakteristisch für die Deutschland AG sind zudem die großen Familienvermögen, die hinter vielen Unternehmen stehen", sagt Suhl. Der Generationswechsel löst auch bei diesen Eigentümern Überlegungen aus, Unternehmen oder Teile davon zu veräußern. Das häufigste Verkaufs-Motiv ist jedoch die Bereinigung des Produktportfolios. "Der Kapitalmarkt will klar fokussierte Strategien", sagt M&A-Experte Suhl.

Die schwache Konjunktur verstärke den Druck, sich auf Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Dennoch werden sich auch in den kommenden Jahren die Konzerne nur zögerlich von Sparten trennen, glauben die M&A-Berater. "Wenn man die Volkswirtschaft betrachtet, so gibt es in Deutschland keinen Umbau, wie wir ihn unter Maggie Thatcher in Großbritannien gesehen haben", sagt Krenz.

Das liege auch daran, dass die Wirtschaft in Deutschland nicht so stark von Großkonzernen dominiert werde wie etwa vor 15 Jahren die amerikanische oder britische Wirtschaft. Zudem sei es in Deutschland lange nicht üblich gewesen, sich von Firmenteilen zu trennen oder zu fusionieren.

Die Beteiligungsfirmen wollen das ändern. "Sie haben Geld eingeworben und werden es investieren müssen", sagt Suhl. Die Industrie sieht die Offensive der Fonds mit gemischten Gefühlen.

"Einerseits steigen für sie die Chancen, Töchter oder Sparten zu verkaufen, wenn strategische Käufer rar sind", sagt Claudia Blümhuber, Gründerin des Private Equity Spezialisten Global Finance. Andererseits seien die Finanzinvestoren Konkurrenten, wenn es bei einem Aufschwung darum gehe, selbst wieder zuzukaufen.

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