Stiftungsmanagement:Mehr Spenden und Kooperationen

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Der Wiederaufbau von Schloss Herrenhausen in Hannover wurde von der Volkswagen Stiftung finanziert. (Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Der Anlagedruck ist derzeit groß. Einige Stiftungen haben Wege aus der Niedrigzinsfalle gefunden.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Der Zuspruch ist groß, die Spenden fließen stetig. Seit die Bürgerstiftung Hamburg vor einigen Monaten den Fonds Flüchtlinge und Ehrenamt gegründet hat, haben 23 Stiftungen und zahlreiche Privatinvestoren das Projekt unterstützt. 250 000 Euro hat Deutschlands größte Bürgerstiftung bislang eingenommen. Nicht nur in der Hansestadt stehen bei gemeinnützigen Stiftungen Kooperation und Austausch derzeit hoch im Kurs. "Durch die Kapitalmarktsituation arbeiten die Stiftungen jetzt wirkungsorientierter, Sie vernetzen sich stärker und kooperieren bei Förderprojekten", sagt Mirjam Schwink, Leiterin des Stiftungsmanagements der BW Bank. "Dies bringt die Chance, dass trotz weniger Finanzmitteleinsatz am Ende mehr erreicht werden kann."

Schrumpfende Kapitalmarkterträge aufgrund der Niedrigzinsphase führen bei vielen Stiftungen zwangsläufig zu geringeren Fördermitteln. Es sei denn, die Verantwortlichen können erfolgreich gegensteuern. Das Stiftungskapital ist zur Finanzierung laufender Ausgaben und guter Taten per Gesetz tabu. Effizientes Kostenmanagement, Veränderungen in der Kapitalanlage sowie neue Einnahmequellen sind besonders bei Stiftungen mit überschaubarem Vermögen notwendig. "Die Niedrigzinsphase ist eine Herausforderung. Das Gebot der Stunde ist die weitere Professionalisierung. Aber viele Stiftungsvorstände sind ehrenamtlich tätig und müssen nun mehr Zeit und Know-how in die Vermögensanlage stecken", sagt Berenike Wiener, Leiterin Stiftungsmanagement des Bundesverbands Deutscher Stiftungen.

Ratsam ist, alle Anlageklassen zu prüfen. "Stiftungen müssen den eigenen Risikobegriff neu überdenken und ihre Vermögensanlagen breiter diversifizieren. Mit ausschließlich fest verzinsten Wertpapieren und mündelsicheren Anlagen kann der Stiftungszweck nicht mehr erfüllt werden", sagt Dieter Lehmann, Leiter der Vermögensanlage der Volkswagen-Stiftung. Er rät zu langfristiger Anlage in Substanzwerte wie Aktien und Immobilien.

Viele Stiftungen sind noch aktiver geworden, um Geld einzuwerben

Die Volkswagen-Stiftung, mit 2,9 Milliarden Euro Stiftungskapital ein Schwergewicht im deutschen Stiftungswesen, hat ihre Substanzwerte kontinuierlich erhöht und hält nun 33 Prozent Aktien und 14 Prozent Immobilien neben 49 Prozent fest verzinsten Wertpapieren und vier Prozent alternativen Investments. Höhere Renditechancen lassen sich jedoch nur mit höheren Risiken erreichen. Experten mahnen zur Vorsicht, wenn Vermögensverlust droht. "Es empfiehlt sich, bei Rententiteln im sogenannten Investment-Grade-Bereich zu bleiben. Das sind Anleihen von Schuldnern bester bis mittlerer Bonität", sagt Schwink.

Kleine Stiftungen können mit professioneller Anlagestrategie derzeit drei Prozent Rendite erzielen. Die großen liegen - auch dank kostengünstiger Vermögensverwaltung - deutlich drüber. Die Durchschnittsperformance der Volkswagen-Stiftung der vergangenen Jahre beträgt sechs Prozent. "Es macht wenig Sinn, konkrete jährliche Renditeziele vorzugeben. Da die Inflationsentwicklung im Voraus nicht bekannt ist, kann auch kein Ziel für den realen Kapitalerhalt formuliert werden", sagt Lehmann. Die Stiftung hat sich selbstverpflichtet, die Fördermittel jährlich real zu steigern. Zuletzt wurden 227 Millionen Euro zur Förderung von Wissenschaft und Technik in Forschung und Lehre ausgeschüttet.

Eine gute Gelegenheit zur Anlage für Stiftungen mit geringen Mitteln bietet das Vermögenspooling. Kleine Stiftungen können sich an eigens aufgelegten Spezialfonds großer Stiftungen zu gleichen Konditionen beteiligen. "Durch das Pool-Anlagevehikel partizipieren die Stiftungen zum einen an einem professionellen Vermögensmanagement, das die stiftungsspezifischen Anforderungen berücksichtigt, und zum anderen reduzieren sich die Kosten", sagt Schwink.

Zunehmend an Bedeutung gewonnen hat in Folge des Anlagedrucks das Impact Investing. Mit dieser Form der Geldanlage wird bereits mit Hilfe der Investition ein positiver Einfluss im Sinne des Stiftungszwecks erreicht. "Stiftungen wirken über ihre gemeinnützigen Zwecke direkt in die Gesellschaft hinein. Mit einer Vermögensanlage, die zusätzlich auf gesellschaftliche Wirkung abzielt, verdoppelt sich der Nutzen von Stiftungen", sagt Wiener. Statt Fördermittel, die aus Dividenden und Mieten erzielt wurden, an Kindergärten zu vergeben, erhält eine Tagesstätte ein Darlehen direkt aus dem Stiftungskapital. Seit 2012 haben sich die Investitionssummen für wirkungsorientierte Anlagen laut Experten auf rund 70 Millionen Euro verdreifacht.

"Die Volkswagen-Stiftung hat im Rahmen ihrer Vermögensanlage den Wiederaufbau von Schloss Herrenhausen in Hannover finanziert. Im Konferenzzentrum des Schlosses führen wir wissenschaftliche Veranstaltungen für die Öffentlichkeit durch. Dadurch wird Wissenschaft und Wissen vermittelt und somit auch gefördert, was im Einklang mit dem Stiftungszweck steht", sagt Lehmann. Grundsätzlich sei es für die Stiftung allerdings schwierig, geeignete Anlagen zu finden.

An eben diesen Anlageprodukten sowie der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen mit sozialer Wirkung arbeitet der Bundesverband Deutscher Stiftungen. Als erstes Produkt wurde der Pilotfonds Bildung mit 700 000 Euro Kapital und zwei Prozent Renditeerwartung nach Kosten aufgelegt.

Um Geld einzuwerben, sind viele Stiftungen noch aktiver geworden. Ein vermehrtes Spendenaufkommen soll helfen, ein Absinken der Fördermittel zu verhindern. Hamburg ist dafür nur ein Beispiel von vielen.

© SZ vom 17.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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