Stiftung Warentest:Problem "t" - Echttest Marktwirtschaft

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Die Stftung Warentest in Berlin ist eine öffentlich-rechtliche Institution - die sich mit weniger Geld behaupten muss. Ihre Frischekur aber wirft unerwartete Probleme auf.

Karoline Amon

Das neue Logo der Stiftung Warentest ist erst mal beim Verbraucher durchgefallen. Das schlichte "t" auf grauem, rotem, blauem oder orangefarbenem Hintergrund, das enthüllte eine Marktstudie, finden nur 15 Prozent "vertrauenswürdiger", "seriöser" und "überzeugender". Weit über die Hälfte der Befragten wünscht sich den alten rot-weißen "test"- Schriftzug zurück.

An das neue Logo der Stiftung Warentest müssen sich die Verbraucher noch gewöhnen. (Foto: Screenshot: Stiftung Warentest)

Ein "grober Fehler" sei der neue Markenauftritt der Stiftung, urteilt Markenexperte Andreas Pogoda von der Brandmeyer Markenberatung, die die Studie bei der Gesellschaft für Konsumforschung in Auftrag gegeben hatte. "Der hohe Wiedererkennungswert der Marke Stiftung Warentest ist pures Kapital", mit dem leichtfertig umgegangen werde.

Heike van Laak, Pressesprecherin der Stiftung ärgert sich über solche Verrisse: "Die Studie ist nur eine Momentaufnahme. Die Leute brauchen Zeit, um sich an das neue Erscheinungsbild zu gewöhnen".

Der Steit um das äußere Erscheinungsbild ist symptomatisch für die schweren Herausforderungen, die das mit Steuergeldern bezuschusste Unternehmen zu bewältigen hat. Lange genug hat die Stiftung Warentest unbehelligt Produkten Schulnoten erteilt; bei einem "mangelhaft" wurden manche Sachen aus den Regalen geräumt. Dass schon seit Jahren private Prüfunternehmen für Konkurrenz sorgen, war für die Stiftung kein Thema - die im Dezember 1964 gegründete Stiftung erschien wie eine unangreifbare, übergeordnete Institution der Republik.

Nun aber gibt es Krisensymptome. 11.000 Abonennten des Flagschiffes Test haben innerhalb eines Jahres gekündigt, der Verkauf am Kiosk stagniert. Einziger Lichtblick ist die höhere Auflage der Zeitschrift Finanztest. Auch der Dreh mit mehr kostenpflichtigen Abrufe im Internet funktioniert recht gut. Insgesamt nahm die Stiftung über Verkäufe im Jahr 2006 rund 40 Millionen Euro ein.

Die in Berlin residierende Stftung beeilt sich nun, jüngere Kunden für ihre Testergebnisse zu interessieren. Bisher ist der durchschnittliche Test-Leser 50 Jahre alt.

Tempo, Tempo

Außerdem soll schneller als bisher getestet werden. Seit kurzem gibt es eine Produktdatenbank im Internet. Alles, was der Markt an Notebooks, Handys oder Investmentfonds hergibt, kommt ins Testlabor. Die Ergebnisse werden umgehend im Netz kostenpflichtig veröffentlicht - spätestens nach vierzehn Tagen.

Eine überfällige Anpasssung, denn bisher benötigte ein Test vom Einkauf bis zur Ergebnisveröffentlichung drei bis vier Monate. "Dann waren diese schnelllebigen Produkte oft bei Erscheinen von Test schon vom Markt verschwunden", räumt die Stiftungssprecherin ein.

Dass das Unternehmen ohne feste Zielgruppen und Angebot in Beliebigkeit versinken könnte, ist ein Problem, das auch die Stiftung erkannt hat. Sprecherin van Laak nennt das einen "Spagat" zwischen den einzelnen Bedürfnissen: "Ein Pensionär interessiert sich einfach nicht für Testergebnisse von Kinderwagen."

Lesen Sie weiter, welche Trends die Stiftung Warentest zunächst verpasst hat.

Doch die Jagd auf neue Kunden kommt ziemlich spät. Nicht schnell genug hat die Stiftung auf neue Gesellschaftstrends reagiert. Testnischen zu Themen wie Gesundheit oder soziale Verantwortung haben längst andere Unternehmen besetzt. Öko-Test untersucht schon seit 1985 Produkte auf Schäden für die Gesundheit, und seit 15 Jahren zertifiziert das Label "fair trade" die Qualität der Arbeitsbedingungen brasilianischer Kaffeebauern.

Im Jahr 2004 erst zog die Stiftung nach und ließ ebenfalls ihre Mitarbeiter Produktionsmethoden der Konsumgüterhersteller auf ethische und soziale Verantwortung prüfen - die eigenen Tests gingen weitüber den Ansatz von fair trade hinaus, die korrekte Entlohnung von Arbeitern vor Ort zu hinterfragen. Doch dieses neue Testthema rettet die Bilanz nur bedingt.

Das neue Logo soll nun dafür sorgen, dass die Warentest-Publikationen wenigstens optisch nicht in der Flut der privaten Konkurrenz untergehen. Mit der neuen Farbigkeit will die Stiftung nach eigenen Angaben Print- und Internetauftritt aus einem Guss präsentieren. Verwechslungen mit anderen Testpublikationen wie Der gute Rat oder Öko-Test, die ebenfalls mit weiß-rotem Logo aufwarten, sollen ausgeschlossen werden. Ob das der Auflage nützt?

Reduzierte Abhängigkeiten

Noch publiziert die Stiftung Warentest ohne Anzeigen; das reduziert Abhängigkeiten. Als Ausgleich gibt es einen jährlichen Zuschuss vom Bund - der aber um eine halbe Million Euro gekürzt wurde. Von nun an gibt's jährlich sechs Millionen Euro Steuergelder von Verbraucherschutzminister Horst Seehofer. Wie es scheint, will der Bund die Stiftung schrittweise in die Selbständigkeit entlassen. Erscheint Test mittelfrisitig mit Inseraten?

Die Kürzung des Geldes geht einher mit einer Erhöhung des Stiftungskapitals. Das ist, so eine Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums, wie ein "Sparbuch". Faktisch bekommen die Warentester nicht weniger Geld - sie müssen nur eigenständig damit haushalten.

Ihren Ruf will die Stiftung auch im härter werdenden Wettbewerb mehren. Schließlich hat der Axel-Springer-Verlag den Plan einer eigenen Test-Zeitschrift als Ableger von Bild längst gestoppt. Dass die Unabhängigkeit wichtigstes Kapital ist, macht Alleinvorstand Werner Brinkmann immer wieder klar.

So referierte er im Tagesspiegel, dass Bestechungen sinnlos seien: "Dafür sind unsere Abläufe zu kompliziert." Man müsste mindestens drei Leute schmieren, um ein gutes Testergebnis zu bekommen: den Tester im Prüflabor, den Projektleiter und den Redakteur. Und dann würden bei der Stiftung ja auch noch Verifizierer und Abteilungsleiter auf den Test schauen.

Jetzt muss nur noch das schlichte "t" im Logo überzeugen: "t" wie Test, nicht wie Totgeburt. Stiftung Warentest selbst geht von einem Erfolg des neuen Logos aus: Das zeige die ausführliche Allesbach-Studie, die in Auftrag gegeben wurde.

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