Die Steuerschätzer haben in den vergangenen zweieinhalb Tagen die Entwicklung jeder einzelnen Steuerart diskutiert und berechnet. Das Ergebnis ihrer Schätzungen kann man getrost als solide bezeichnen. Ausdruck einer wie auch immer gearteten Lust an der Panikmache ist es jedenfalls nicht. Und doch muss einem angesichts des Ergebnisses ein mulmiges Gefühl beschleichen. Verglichen mit den Schätzungen zuvor, fehlen dem Staat in den nächsten Jahren rund 316 Milliarden Euro. Das ist eine gewaltige, eine unvorstellbare hohe Summe. Es ist etwa 25-mal so viel, wie das von Finanzminister Steinbrück gerne als Referenzgröße genannte Burkina Faso in einem Jahr erwirtschaftet.
Nun hat es auch in den vergangenen Jahren immer wieder Steuerschätzungen gegeben, in denen von Mindereinnahmen die Rede war. Tatsächlich ging es dabei aber nur darum, dass der Zuwachs niedriger ausfiel als vorher erwartet - in Wirklichkeit sind die Steuereinnahmen in jedem Jahr real gestiegen. Das ist diesmal anders. Die Wirtschaftsforscher und Finanzexperten erwarten für dieses und für die drei nächsten Jahre, dass weniger Geld in die Kassen des Staates fließt als noch 2008.
Das wird die Politik und die ganze Gesellschaft vor eine Herausforderung stellen, die sie bislang noch nicht kannten.
Beruhten doch Konsens und Zusammenhalt der bundesrepublikanischen Gesellschaft in den vergangenen 60 Jahren auf der Basis eines stetig steigenden und zu verteilenden Wohlstandes. Wer immer im Herbst der neuen Regierung angehören wird, er wird keine Verheißungen verkünden können. Im Gegenteil: Es wird Kürzungen geben, höhere Steuern und höhere Abgaben.