Steuerrecht entrümpelt:Schluss mit Formularkram

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Die frohe Botschaft: Die Steuererklärung wird vom nächsten Jahr an leichter. Der Haken an der Sache? Nicht für alle.

Von Ulrich Schäfer

Jochen Dieckmann weiß, wie schwer es ist, im deutschen Föderalismus etwas zu verändern.

Vieles wurde zusammen-gefasst, Einiges gestrichen, und Manches kleiner gedruckt — auch so lassen sich Zeilen sparen. (Foto: Foto: AP)

Als Referent der SPD-Bundestagsfraktion, als Mitarbeiter des Deutschen Städtetags und später als Justizminister von Nordrhein-Westfalen hat er seit Anfang der Achtzigerjahre all die Debatten verfolgt, in denen es um die Neuordnung der Verfassung ging. Passiert ist wenig.

Und so ist Dieckmann, der seit 2002 das Finanzressort in Düsseldorf leitet, froh, "wenn wir nun wenigstens kleine Schneisen in den Dschungel des Föderalismus schlagen".

Es bedurfte jedenfalls einiger Anstrengungen, um ein Formular zu entrümpeln, über das sich jedes Jahr fast alle Bürger ärgern: die Einkommensteuererklärung. Vier Seiten umfasste dieses Formular bisher, dazu kam die zweiseitige Anlage N für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die jeder Arbeitnehmer und auch der Ehepartner ausfüllen muss.

"Steuererklärung light"

Wenn ein Bundesland dieses Formular ändern will, müssen, so sieht es die Finanzverfassung vor, alle anderen zustimmen. Doch nun haben sich zur Überraschung Dieckmanns alle 16 Finanzminister darauf geeinigt, dass aus den sechs bis acht Seiten, die jeder Steuerzahler jährlich ausfüllen muss, nur noch zwei werden.

So sieht es die "Steuererklärung light" vor, die seit zwei Jahren in den Finanzämtern von Bochum, Herne und Gelsenkirchen getestet wird und die nun von Beginn des nächsten Jahres an in fast allen Bundesländern (in Bayern erst ein Jahr später) gelten soll.

Zusammengefasst, getsrichen, kleiner gedruckt

"Der Mehrwert", sagt Dieckmann, "liegt bei den Bürgern." Die Mitarbeiter der Finanzämter dagegen verfolgten das Projekt "erstmal freundschaftlich skeptisch". Denn sie mussten ihre Gewohnheiten kräftig ändern.

Verschwunden in den Bögen sind Fragen, in denen es um Vorsorgeaufwendungen, Spenden oder außergewöhnliche Belastungen geht.

Auch für "im Ausland ansässige Personen, die auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden" oder für "Einkommensersatzleistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen", gibt es keine Rubriken mehr. Manches wurde zusammengefasst, manches gestrichen oder kleiner gedruckt. Aus 181 Zeilen wurden 60.

Diese vereinfachte Steuerklärung sollen gut 60 Prozent aller Kunden des Finanzamts nutzen können. Wer allerdings neben dem Lohn Mieteinnahmen oder hohe Zinserträge kassiert, wer von seinem Ex-Partner Unterhalt erhält oder sein heimisches Arbeitszimmer absetzen will, muss weiter das alte Formular verwenden. Und im Zweifel auch die Anlagen KAP, GSE, V oder SO.

Eine Vision: keine Steuererklärung für Arbeitnehmer mehr

Mit der Merz'schen Bierdeckel-Steuer hat all dies noch wenig zu tun. Joachim Lang, einer der radikalen Steuerreformer der Republik, will deshalb noch weiter gehen.

Der Kölner Professor leitet eine neue Reformkommission, die im Auftrag der "Stiftung Marktwirtschaft" bis zur Bundestagswahl 2006 ein komplett neues Steuergesetzbuch schreiben will. Es soll klar und einfach sein. Lang will dafür sorgen, dass die meisten Bürger nur noch einen Haken unter die Steuerbescheide machen müssen, die ihnen das Finanzamt automatisch zugeschickt.

Die Ämter würde die nötigen Daten direkt vom Arbeitgeber erhalten. Die meisten Arbeitnehmer, so die Vision von Lang, müssten dann überhaupt keine Steuererklärung mehr ausfüllen.

© SZ vom 3.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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