Steinhoff:Verdacht auf Bilanzfälschung

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Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt gegen mehrere Manager des börsennotierten Möbelherstellers.

Von Uwe Ritzer, München

Die Inszenierung fiel ins Auge. Ein Wohn-, ein Schlaf- und ein Kinderzimmer, im Halbkreis angeordnet vor dem Haupteingang zum Handelssaal der Frankfurter Börse. Dass dort fortan Aktien der Firmengruppe Steinhoff International gehandelt werden, bezeichnete deren Vorstandschef Markus Jooste als gewissermaßen historisch. Er selbst allerdings war an jenem 7. Dezember 2015 nicht zum Börsenstart nach Frankfurt gereist, angeblich aus gesundheitlichen Gründen. Womöglich hing die Absenz jedoch mit einer Razzia drei Tage vorher zusammen.

Auf Geheiß der Staatsanwaltschaft Oldenburg hatten Fahnder Räume des Möbelherstellers durchsucht. Danach wurde es still um das Thema, bis es an diesem Donnerstag plötzlich wieder hochkam. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg bestätigte am Nachmittag, dass sie gegen vier Manager des Konzerns ermittelt. Einem Bericht des Manager Magazin zufolge befindet sich darunter auch Markus Jooste. Es geht um mögliche Bilanzfälschung im dreistelligen Millionenbereich. Die Nachricht ließ den Kurs der im Mittelwerte-Index M-Dax gehandelten Aktie um zeitweise mehr als sieben Prozent abschmieren.

"Unsererseits besteht kein Vertrauen in diese Eigenverwaltung mehr."

"Es besteht der Verdacht, dass überhöhte Umsatzerlöse in die Bilanzen konzernzugehöriger Gesellschaften eingeflossen sind", so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Oldenburg auf Anfrage. "Hierdurch könnte gegebenenfalls auch der Bilanzwert des Konzerns zu hoch dargestellt worden sein." Konkret gehe es um "Verträge, mit denen konzernzugehörige Gesellschaften immaterielle Wirtschaftsgüter, beziehungsweise Gesellschaftsanteile an vermeintlich fremde, nach den Ermittlungen aber dem Konzern nahestehende Unternehmen jeweils für dreistellige Millionenbeträge veräußert haben sollen."

Das alles spielt sich ab in einem Konzern, der seinen Ursprung in Deutschland, seinen Sitz jedoch seit Ende der Neunzigerjahre in Südafrika hat. Die Steinhoff-Gruppe ist ein globaler Möbel- und Handelskonzern mit weltweit 130 000 Mitarbeitern und zuletzt 13,5 Milliarden Euro Umsatz. Zahlreiche Handelsketten, meist im Niedrigpreissegment angesiedelt, gehören zu dem Konzern. In Europa ist die Möbelsparte mit Einrichtungshäusern wie der Poco-Kette die Nummer zwei nach dem schwedischen Marktführer Ikea.

Konzerngründer Bruno Steinhoff gehört zu den reichsten Deutschen. Der Milliardär lebt zurückgezogen in Niedersachsen und meidet die Öffentlichkeit. Die operativen Geschäfte führt Markus Jooste, Sohn eines südafrikanischen Postangestellten. Der Manager und Besitzer eines ansehnlichen Pferderennstalls gehört zu den reichsten Afrikanern; für eine Stellungnahme war er nicht erreichbar.

Die Ermittlungen in Oldenburg werden von einer eigens eingerichteten Ermittlergruppe der Kripo geführt. Bei Durchsuchungen wurden von den Beamten "umfangreiche Unterlagen und Datenmaterial sichergestellt", wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte. Deren Auswertung und die weiteren Ermittlungen würden aufgrund des Umfangs "voraussichtlich mehrere Monate in Anspruch nehmen".

Außer um Bilanz- geht es neuerdings auch um Urkundenfälschung. Hintergrund ist eine Strafanzeige, die vom Möbel-Manager Andreas Seifert von der Firma XXXLutz stammen soll. Die Staatsanwaltschaft, die keine Namen von Beteiligten nennt, äußerte sich dazu allgemein: "Der Anzeigeerstatter behauptet, dass er einen Vertrag über die angebliche Veräußerung eines Markenrechtes, der seine Unterschrift tragen soll, nicht kenne und auch nicht unterschrieben habe."

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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