Staranwalt:Ackermanns Geheimwaffe

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Klaus Volk kämpft darum, dass der Chef der Deutschen Bank nicht wieder vor Gericht muss.

Daniela Kuhr

Wenn Klaus Volk eine komplizierte Sache erklären muss, greift er gern zu einem Bild. Für den Fall Mannesmann hat er dieses gewählt: Jemand kauft für 178000 Taler einen Wald mit 178000 Bäumen. Vor der Übergabe möchte der Verkäufer noch 60 Bäume fällen und die belohnen, die den Wald gepflanzt und kultiviert haben. Der Käufer ist einverstanden und mindert nicht einmal den Kaufpreis - aus dem einfachen Grund, weil 60 Bäume mehr oder weniger bei dem riesigen Wald für ihn keine Rolle spielen.

Gute Laune trotz Anklage: Deutsche-Bank-Chef Ackermann (links) mit seinem Anwalt Klaus Volk. (Foto: Foto: dpa)

Das Bild ist anschaulich. Als Strafrechtsprofessor ist Volk geübt darin, einen Sachverhalt verständlich darzustellen. Neutral ist das Bild allerdings nicht. Es soll zeigen: Was, bitte schön, ist daran verwerflich, wenn bei der 178 Milliarden Euro teuren Übernahme von Mannesmann durch Vodafone Prämien in Höhe von 60 Millionen Euro an Führungskräfte gezahlt werden? Vodafone hat doch zugestimmt. Wo ist der Schaden? Wo der Geschädigte? Und was soll an dem Ganzen strafbar sein?

Nicht neutral

Das Bild ist nicht neutral, weil Volk nicht neutral ist. Der 61-Jährige verteidigt Josef Ackermann, den Chef der Deutschen Bank. Und als Verteidiger ist er selbstverständlich bemüht, das Verhalten seines Mandanten, der damals im Präsidium von Mannesmann die Prämien mitbeschlossen hatte, möglichst harmlos aussehen zu lassen.

Es ist ihm gelungen. Gemeinsam mit seinem Frankfurter Kollegen Eberhard Kempf hat er im vergangenen Jahr vor dem Düsseldorfer Landgericht für Ackermann einen Freispruch erwirkt. Und am Donnerstag in der Revisionsverhandlung vor dem Bundesgerichtshof werden die beiden darum kämpfen, dass der Freispruch Bestand hat.

Volk gelte Wettbewerbern "als Geheimwaffe im Team", heißt es im Juve-Handbuch "Wirtschaftskanzleien" über den Strafverteidiger, "insbesondere auch für den Umgang mit der Öffentlichkeit".

"Vorlesung geht vor"

Mit 33 Jahren bereits habilitiert, nahm Volk nach kurzen Aufenthalten in Erlangen und Konstanz 1980 den Ruf an die Ludwig-Maximilians-Universität in München an. Wenig später begann er nebenher mit der Strafverteidigung. "Das ist bei mir strikt getrennt", sagt der Jurist, der in München den Lehrstuhl für Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Strafprozessrecht innehat. Noch nie habe er eine Vorlesung wegen eines Mandats ausfallen lassen. "Im Zweifelsfall geht die Vorlesung vor."

Über seine Mandanten spricht Volk nicht. Doch dass er auch schon Boris Becker verteidigt hat, war in der Zeitung zu lesen. Volk vertrat den Ex-Tennisprofi 2002 in dessen Steuerstrafverfahren. Akquiriert habe er nie. "Ich wurde immer dazugerufen von einem Kollegen."

So auch bei Ackermann. "Kempf rief mich an, ob ich nicht mitmachen wolle." Er nahm sofort an. Das Wirtschaftsstrafrecht hat es ihm schon immer angetan. "Da stehen die juristischen Fragen im Vordergrund und weniger der Sachverhalt", sagt Volk. "Mannesmann zum Beispiel ist Juristerei pur." Es gehe um Grundsatzfragen: "Wie groß ist der Handlungsspielraum eines Unternehmers? Und inwieweit sind Entscheidungen gerichtlich überprüfbar?"

Ackermann und Volk, das funktioniert. An Selbstbewusstsein jedenfalls mangelt es beiden nicht. Gleich am ersten Prozesstag in Düsseldorf wurde der Bankchef mit seinem unbedachten Victory-Zeichen zu einem Markenzeichen für Überheblichkeit.

Gewisse Arroganz

Und auch Volk kann, wenn er will, durchaus mit einer gewissen Arroganz aufwarten. Im Mannesmann-Prozess bekamen das die Staatsanwälte häufig zu spüren. Volk ließ gern durchblicken, wie wenig er von den aktienrechtlichen Kenntnissen der Ankläger hielt.

Fast schon gelangweilt erhob er sich, nachdem der Staatsanwalt stundenlang ein Aufsichtsratsmitglied vernommen hatte: "Der Zeuge hat sehr viel Geduld bewiesen", kommentierte Volk, "wie übrigens eigentlich alle Zeugen, die sich der Befragung der Staatsanwaltschaft unterzogen haben." Und zum Abschluss empfahl er: "Die Staatsanwaltschaft hätte sich vorher rechtlich kundig machen sollen."

Nach der Moral dürfe man ihn nie fragen, sagt Volk, "doch zum Glück ist nicht alles strafbar, was unmoralisch ist". Diesen Satz will er ausdrücklich nicht auf Ackermann bezogen wissen.

"Die verteilten Prämien waren absolut im Rahmen dessen, was damals üblich war", meint der Verteidiger. Und schließlich habe Ackermann selbst überhaupt kein Geld bekommen. "Welches Interesse sollte er gehabt haben, sich sehenden Auges strafbar zu machen?", hatte Volk in seinem Schlussplädoyer im Düsseldorfer Landgericht gefragt.

"Andernfalls Terrorinstrument"

Und wieder griff er zu einem Bild: "Wer den aktienrechtlich zulässigen Raum verlässt, betritt damit noch nicht den Raum des Strafrechts. Dazwischen ist ein Korridor. Andernfalls würde aus dem Strafrecht ein Terrorinstrument, das jeden bedroht, der sich wirtschaftlich betätigt."

© SZ vom 15.10.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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