Standortwahl:Global und lokal

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Wohin mit den Fabriken, wenn alle digital sind: die Produkte, die Kunden mit ihren Smartphones, PCs und Tablets? Am besten näher ran an die Abnehmer. Lokalisierung nennen das die Unternehmen.

Von Elisabeth Dostert, Hannover

Die Fima Wilo, sie stellt Pumpen her, investiert gerade 100 Millionen Euro in eine neue Fabrik in Dortmund. Zur Grundsteinlegung im Februar kam NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Produktion in Deutschland, das muss gefeiert werden. Mitte 2019 soll das neue Werk in Betrieb gehen, erzählt Technikvorstand Markus Beukenberg. Es wird eine Smart Factory, ein Fabrik, in der die Produktion völlig vernetzt ist. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hat Beukenberg zu seiner Pressekonferenz in Hannover eingeladen. Er soll das Beispiel dafür liefern, dass die Digitalisierung "die Produktion zurück nach Deutschland bringt". 500 bis 550 Rückverlagerungen gab es 2015 im verarbeitenden Gewerbe, ergab eine Studie der Hochschule Karlsruhe und des Fraunhofer-Instituts für System und Innovationsforschung. Rückverlagerung bedeutet nicht, dass im Ausland ganze Fabriken geschlossen werden, es reicht auch, wenn Teile der Produktion zurückgeholt werden. Es gehe dabei, erläutert Studienautor und Hochschulprofessor Steffen Kinkel, nicht um ausländische Werke, die im Zuge einer Expansionsstrategie errichtet wurden, etwa um sich neue Märkte zu erschließen. Und, das zeigt die Studie auch, der Anteil der Betriebe, die verlagern wollen, ist mit neun Prozent immer noch deutlich höher als die der Rückholer.

Auch Wilo holt keine Produktion zurück. Es sei mehr eine "virtuelle Verlagerung" gewesen, sagt Beukenberg. Und keine leichte Entscheidung. Etwa zwei Jahre habe man nachgedacht, erzählt der Vorstand. Frankreich war einer der diskutierten Standorte, auch Polen oder Rumänien. China stand nicht zur Debatte. Die neue Fabrik werde 15 bis 30 Prozent effizienter sein als die alte. "Man muss heute nicht mehr in Niedriglohnländern produzieren, um Kunden in Hochlohnländern zu beliefern", sagt Beukenberg. Die Digitalisierung verbunden mit kleineren Stückzahlen und kürzeren Produktzyklen führt zu einer Lokalisierung, produziert wird näher an den Absatzmärkten. Die alte Fabrik in Dortmund wird "zurückgebaut", das ist im Managementjargon das Wort für Abriss. Dort sollen dann bis 2020 Büros und ein Kundencenter entstehen.

Über eine Renovierung haben sie bei Wilo auch nachgedacht - und die Idee verworfen. Die neue Fabrik produziert flexibler. Auch die Arbeitsinhalte für die Beschäftigten werden sich verändern. Deshalb steckt Wilo Geld in Aus- und Weiterbildung. Die Zahl der Beschäftigten in Dortmund soll konstant bei etwa 2000 bleiben. Insgesamt beschäftigt der Konzern knapp 7550 Mitarbeiter, die für 1,3 Milliarden Euro Umsatz sorgen. Wilo, sagt Beukenberg, werde keinen Produktionsstandort im Ausland schließen. In den Vereinigten Staaten hat die Firma auch zwei Werke. Es sei wichtig, vor Ort zu sein, erläutert er. Insofern ist Wilo doch ein gutes Beispiel dafür, wie Unternehmen mit Digitalisierung und geopolitischen Risiken umgehen.

Die Arbeitsinhalte werden sich verändern, sagt Gunther Kegel, Vorsitzender der Geschäftsführung der Gruppe Pepperl + Fuchs, spezialisiert auf Fabrikautomatisierungen. Kegel ist auch Präsident des Elektrotechnikverbandes VDE. Er schließt nicht aus, dass durch die Digitalisierung kurz- bis mittelfristig Jobs verloren gehen, "die die Sozialversicherungssysteme auffangen müssen". In zehn bis 15 Jahren würden aber eher mehr Jobs generiert.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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