Standortentscheidung:IG-Metall wirft Volkswagen Wild-West-Methoden vor

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Volkswagen hat noch vor kurzem im Tarifvertrag zugesichert, den neuen Geländewagen Marrakesch in Wolfsburg herzustellen. Nun hat sich der Konzern anders entschieden: Entweder der Betriebsrat akzeptiert niedrigere Löhne, oder die Produktion geht nach Portugal.

Auf der Großbaustelle Volkswagen verhärten sich die Fronten zwischen Gewerkschaftsvertretern und Unternehmensleitung.

Wird das VW-Logo in Wolfsburg oder in Portugal an den neuen Geländewagen montiert? (Foto: Foto: ddp)

Nachdem Markenchef Wolfgang Bernhard den Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Bau des Geländewagens Marrakesch ein Ultimatum gesetzt hat, warf nun die IG Metall VW Wild-West-Methoden vor.

"Herr Bernhard muss zur Kenntnis nehmen, dass hier nicht Verhältnisse wie im Wilden Westen herrschen. In Wolfsburg gelten Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, an die sich auch der neue Markenvorstand halten muss", erklärte IG Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine in Hannover.

Meine vertrat die Ansicht, dass der geplante Geländewagen in Wolfsburg gebaut werden soll, wie es im vergangenen Herbst im Haustarifvertrag vorgesehen sei. Volkswagen will den Geländewagen aber in Portugal bauen lassen, falls der Betriebsrat am Stammwerk nicht bis zum 26. September niedrigere Arbeitskosten akzeptiert. Ein entsprechendes Ultimatum veröffentlichte VW-Markenchef Bernhard am Dienstagabend.

Der neue VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh kündigte an, dass die Belegschaft alles versuchen werde, um das Auto nach Wolfsburg zu holen. "Wir werden dafür kämpfen und uns wieder an den Verhandlungstisch setzen - auf Basis des gültigen Tarifvertrages", sagte er den Wolfsburger Nachrichten.

Er fügte hinzu: "Wir erwarten auch vom Unternehmen Klarheit darüber, unter welchen Bedingungen das Auto in Wolfsburg gefertigt werden kann. Klar ist: Unsere Mitarbeiter werden das Auto nicht zu portugiesischen Löhnen fertigen können."

Palmela 1.000 Euro pro Auto günstiger

Bernhard hatte erklären lassen, die "einzige Möglichkeit", das Projekt für Wolfsburg zu retten, bestehe darin, den Bau des Wagens in die Auto 5.000 GmbH zu integrieren, die zu deutlich niedrigeren Kosten als die traditionelle VW-Produktion arbeitet. "Auch für diese Entscheidung fällt das Fenster am 26. September zu", erklärte Bernhard.

Vorher hatte ein so genanntes Marken-Produkt-Strategie-Komitee unter Vorsitz von Bernhard die Empfehlung abgegeben, den Wagen ab 2007 im portugiesischen VW-Werk Palmela bauen zu lassen. Dort entsteht zur Zeit der große Van Sharan. Das Werk hat außerdem den Zuschlag für den Bau des geplanten Cabrios erhalten. Eine Fertigung in Palmela sei "gut 1.000 Euro pro Fahrzeug günstiger als am Alternativstandort Wolfsburg", hieß es in der VW-Mitteilung. Eine Produktion des Geländewagens am Stammwerk sei "zu den heutigen Bedingungen" nicht wirtschaftlich.

Die IG Metall wandte sich entschieden gegen solche Überlegungen. Bezirksleiter Hartmut Meine verwies auf den Tarifvertrag vom November 2004 und die ergänzende Betriebsvereinbarung, die die Montage des Geländewagens am Standort Wolfsburg vorsehe.

Landesregierung hofft auf heimische Produktion

Meine sagte: "Das neue Geländefahrzeug muss nach Wolfsburg kommen. Wir halten an der tariflichen Regelung fest, die die Produktion des neuen Fahrzeuges für Wolfsburg zu wettbewerbsfähigen Bedingungen zusagt." Nach Ansicht von Meine sei es möglich, "die im Tarifvertrag festgelegte Wettbewerbsfähigkeit von Investitions- und Produktentscheidungen darzustellen". Jetzt komme es auf Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Volkswagen an.

Der niedersächsische Regierungssprecher Olaf Glaeseker erklärte, die Landesregierung wünsche sich "sehnlichst, dass die Beteiligten sich verständigen und damit Beschäftigungsvolumina und Arbeitsplätze in Niedersachsen gesichert werden". Eine Einigung könne "ein Zeichen dafür sein, dass die deutschen Volkswagen-Standorte auch in einer schwierigen Situation konkurrenzfähig sind".

Glaeseker betonte: "Wir hoffen, dass der Geländewagen in Wolfsburg gebaut wird." Man wolle aber in dem Konflikt zwischen VW-Management und Arbeitnehmervertretern "der einen oder anderen Seite keine Ratschläge geben". Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff und VW-Chef Bernd Pischetsrieder hätten am Montag ein mehrstündiges Gespräch geführt.

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