Stahlfusion:Mitbestimmung soll bleiben

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Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger verspricht bei der geplanten Stahlfusion mit Tata Sonderrechte für die deutschen Stahlkocher. Eine europäische Riesenschmiede entsteht mit 18 Produktionsstätten.

Alles neu im Stahlgeschäft, doch eine Regel aus den 50ern bleibt: Bei der geplanten Fusion des Thyssen-Stahlgeschäftes mit Tata Steel behalten "die deutschen Stahlkocher ihre Montanmitbestimmung so wie sie heute ist", erklärte Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger in der Bild-Zeitung. Die Montanmitbestimmung regelt seit den 1950er-Jahren, dass die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat auf die gleiche Anzahl von Vertretern kommen wie die Arbeitgeber. Hiesinger bekräftigte zudem, dass es beim angekündigten Abbau von 2000 Arbeitsplätzen in Deutschland bleiben werde. "An die Obergrenze von bis zu 2000 Stellen in den nächsten Jahren halten wir uns", sagte er, schränkte jedoch ein, dass niemand wisse, "was in fünf oder zehn Jahren ist".

Nach der Entscheidung über die Abspaltung des Stahlgeschäftes bei dem Dax-Unternehmen treibt Hiesinger den Konzernumbau zügig voran. Die Schmiedeaktivitäten würden gebündelt und zum Branchenführer mit Standorten in Nord- und Südamerika, Europa, Indien und China geformt, teilte der Industriekonzern am Mittwoch mit. Zum Beginn des neuen Bilanzjahres im Oktober werde Thyssenkrupp Forged Technologies mit rund 7000 Mitarbeitern an insgesamt 18 Produktionsstätten an den Start gehen. Ziel sei es, das Komponentengeschäft profitabler zu machen, erklärte Sparten-Chef Karsten Kroos. "Zum einen können wir durch die zentrale Steuerung unseres weltweiten Produktionsnetzwerks unsere Anlagen effizienter ausnutzen und noch stärker an den Bedarfen unserer Kunden ausrichten." Zum anderen sollen neue Produkte für neue Industrien und Märkte entwickelt und so die Abhängigkeit vom klassischen Verbrennungsmotor verringert werden, für den derzeit ein Großteil der Schmiedekomponenten hergestellt wird. Vielversprechende Anwendungsfelder lägen in der Rohstoffgewinnung, der Energieerzeugung und im Mobilitätssektor. Weltweit gehöre der neue Bereich Thyssenkrupp Forged Technologies mit einem Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro zu den "Top 3" der Branche.

An der Börse waren die Aktien von Thyssenkrupp indes zeitweise der größte Verlierer im Leitindex Dax mit einem Abschlag von bis zu drei Prozent auf 23,83 Euro. Barclays stufte die Aktien Händlern zufolge trotz der umfangreichen Umbauten auf "untergewichten" zurück und setzte ein Kursziel von 21 Euro. Begründung der Analysten: Das Unternehmen unterschätze die Schuldenlast und überschätze die Profitaussichten durch die neuen Aktivitäten.

Thyssenkrupp hatte im September angekündigt, seine Stahlsparte in ein Gemeinschaftsunternehmen mit der des indischen Konkurrenten Tata Steel einzubringen. Als Firmensitz ist die Region Amsterdam geplant. Gegen den Zusammenschluss hatten Tausende von Thyssenkrupp-Stahlkochern demonstriert. Insgesamt sollen bei der Fusion 4000 Arbeitsplätze gestrichen werden, die Hälfte davon in Deutschland. Durch die Fusion entsteht das größte Schmiedeunternehmen in Europa.

© SZ vom 05.10.2017 / Reuters, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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