Staatshilfen für Conti und Schaeffler:Ist der Ruf erst ruiniert ...

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Staatshilfen für Continental und Schaeffler? Das regt viele auf. Schon signalisiert Conti vorsichtig, das Geld derzeit womöglich nicht zu brauchen. Doch was ist mit der neuen Eigentümerin?

Die Aktie der Continental AG lief am Montag heiss wie ein Rennreifen. Am Morgen brach der Kurs des Autozulieferers aus Hannover um gut 20 Prozent ein, erholte sich dann aber wieder etwas. Am Nachmittag schließlich lag der Kurs bei 13,99 Euro - und damit gut zehn Prozent niedriger als in der Vorwoche.

Continental: "Proaktiv geführte Verhandlungen mit den Banken." (Foto: Foto: dpa)

Angesichts des Börsenalarms ist verständlich, dass sich der Konzern nach Ruhe sehnt. Für viel, viel Geld war Conti das Übernahmeopfer der expansionslustigen Schaeffler-Gruppe aus dem fränkischen Herzogenaurach geworden, finanziert wie üblich auf Pump, also über Schulden. Und rasch machten Spekulationen die Runde, der Staat müssen dem strapazierten Verbund helfen.

Continental äußerte sich nicht, ob das Unternehmen derzeit staatliche Unterstützung brauche, verwies aber auf erfolgreiche Verhandlungen mit den kreditgebebenden Banken. Man habe sich in Gesprächen mit den Instituten einen stabilen Finanzrahmen gesichert, sagte ein Conti-Sprecher zu sueddeutsche.de. In der vergangenen Woche sei bei Nachverhandlungen über die milliardenschweren Kredite für die Übernahme der früheren Siemens-Tochter VDO ein Ergebnis erzielt worden.

"Liquidität in Milliardenhöhe"

"Continental hat am vergangenen Freitag erfolgreich seine proaktiv geführten Verhandlungen mit den Banken über angepasste Konditionen abgeschlossen und sich damit einen stabilen Finanzrahmen gesichert. Wir verfügen über eine Liquidität von 3,5 Milliarden Euro aus Barmitteln und ungenutzten Kreditlinien", erklärte der Sprecher weiter.

Neueigentümer Schaeffler wollte sich nicht zu Hilfen äußern. Ein externer Investor soll nach Vorstellung des künftigen Continental- Aufsichtsratschefs für Linderung der finanziellen Probleme sorgen. "Schaeffler sucht nach Investoren für das gemeinsame Automotive-Geschäft von Conti und Schaeffler", sagte der Schaeffler-Berater Rolf Koerfer, der in Kürze Hubertus von Grünberg als Chef-Kontrolleur ablösen soll.

Eine Beteiligung von Geldgebern an der fränkischen Familienfirma Schaeffler sei dagegen nicht geplant. "Für Investoren ist die industrielle Logik der Kombination der Automotive-Bereiche und das damit verbundene Wachstumspotential interessant." Zur geplanten Beteiligungshöhe eines Investors und der möglichen Herkunft von Geldgebern schwieg er ebenso wie zur Höhe der zu übertragenen Schulden oder möglicher Staatshilfe.

Die Länder Bayern und Niedersachsen bestätigten unterdessen lediglich Gespräche mit beiden Unternehmen, aber keine Hilfszusagen. Zuvor war berichtet worden, beide Länder wollten dem neuen großen Autozulieferer, der aus Schaeffler und Conti entstehen soll, jeweils 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Begründung: es solle einen nationalen Champion geben.

Cherchez la femme

Die entscheidende Rolle kommt dem Unternehmen der 67-jährigen Maria-Elisabeth Schaefflerzu. Sie ist mittlerweile mit 49,9 Prozent an Conti beteiligt ist und hat weitere 40 Prozent bei Banken geparkt. Die Franken-Firma ist selbst nicht an der Börse notiert.

Die Schaeffler-Gruppe hatte insgesamt 90 Prozent der Conti-Aktien überwiegend zum Preis von 75 Euro gekauft. Dafür nahm sie etwa zehn Milliarden Euro Kredit auf - und ist daher stark vom Kursverfall der Conti-Papiere betroffen.

Nach Angaben der bayrischen Staatsregierung ist noch keine Entscheidung über Hilfen an Schaeffler oder Conti gefallen. "Es finden Gespräche mit dem Unternehmen statt. Es gibt aber keinerlei Vereinbarung oder Zusagen", erklärte das Wirtschaftsministerium in München.

Auch der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) ist nach eigenem Bekunden "mit allen Beteiligten im Gespräch". Über den Inhalt der Gespräche sei jedoch Vertraulichkeit vereinbart worden, erklärte die Staatskanzlei.

Wulff: "Viel Phantasie"

Wulff selbst äußerte sich erneut sehr zurückhaltend über mögliche Hilfen an Conti oder Schaeffler. "Da ist viel Phantasie, Spekulation und Wunschdenken im Raum", sagte er. Zunächst müsse es ein Zukunftskonzept für die beiden Unternehmen geben, bevor zur Frage staatlicher Hilfen Position beziehen könne. Nach Auffassung von Analysten gingen die Kursverluste der Conti-Aktie direkt auf die Berichte über staatliche Hilfen zurück.

"Wenn der Staat helfen oder einsteigen muss, ist das ein Indiz für Probleme des Unternehmens, die sich umgehend in einem sinkenden Aktienkurs widerspiegeln", sagte der bei der NordLB in Hannover für Conti zuständige Analyst Frank Schwope. Kursverluste aus dem gleichen Grund habe es bereits bei den Banken gegeben.

Der bayerische IG-Metall-Chef Werner Neugebauer äußerte sich unterdessen zu den in Rede stehenden Staatshilfen für die hoch verschuldeten Autozulieferer. Finanzspritzen für Schaeffler und Continental seien richtig, sofern sie mit Auflagen verbunden würden. "Im Sinne der Arbeitsplätze und deren dauerhafter Sicherung habe ich da nichts dagegen. Es kann jetzt aber nicht Aufgabe des Staates - also der Gesellschaft - sein, das Privatvermögen der Familie Schaeffler zu schützen und für deren spekulative Abenteuer einzustehen", sagte Neugebauer. . An Staatshilfen für Continental und Schaeffler führe kein Weg vorbei, meinte unterdessen der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Die weltweite Autokrise belastet Conti und Schaeffler enorm", sagte der Experte von der Uni Duisburg-Essen. "Es ist eine äußerst schwierige Situation, bei der man nichts ausschließen kann."

Bundesregierung: "Verhandlungen in fortgeschrittenem Stadium"

Die SPD im niedersächsischen Landtag reagierte hingegen mit Zurückhaltung auf die möglichen Staatshilfen. Die FDP, Koalitionspartner der in Hannover regierenden CDU, verweigerte eine Stellungnahme. Es seien noch keine Details bekannt, hieß es.

Dagegen erklärte die Bundesregierung, die Verhandlungen über Staatshilfen von Bayern und Niedersachsen für Schaeffler und Conti seien in einem fortgeschrittenen Stadium. Es sei zutreffend, dass sich die beiden Bundesländer sehr intensiv um die aktuelle Situation kümmerten, um Standorte und Arbeitsplätze zu sichern, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin. Die Gespräche seien aber wohl noch nicht abgeschlossen. Konkrete Anfragen der Konzerne wegen Bundeshilfen seien ihm nicht bekannt. Die Bundesregierung verfolge die Entwicklung aber sehr genau.

Der Präsident des Ethikverbands der deutschen Wirtschaft, Ulf Posé, lehnte einem Medienbericht zufolge mögliche Staatshilfen für die Autozulieferer Continental und Schaeffler abgelehnt.

"Wenn zwei Unternehmen, denen es nicht unbedingt sehr gut geht, miteinander fusionieren, müssen sie selbst über die Folgen nachdenken und für die Folgen gerade stehen. Ich verstehen aus ethischer Sicht nicht, warum hier ein Rettungsschirm aufgespannt werden soll", sagte Posé dem Fernsehsender n-tv.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/Reuters/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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