Staatsfinanzen:Profit mit Schulden

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Die Zinsen sinken und sinken, jetzt auch in den negativen Bereich. Anleger akzeptieren nun erstmals Verluste mit zehnjährigen Bundesanleihen. Ihnen geht Sicherheit offenbar vor Rendite. Der Bund profitiert davon.

Der deutsche Staat verdient erstmals Geld mit einer zehnjährigen Bundesanleihe. Bei der Versteigerung der bis August 2026 laufenden neuen Wertpapiere nahmen Investoren einen Verlust von 0,05 Prozent in Kauf, wie die mit dem Schuldenmanagement des Bundes betraute Finanzagentur am Mittwoch mitteilte. Die Anleihe belief sich auf gut vier Milliarden Euro. Trotz der negativen Rendite war die Nachfrage höher als das Angebot.

Die zehnjährige Bundesanleihe ist an den internationalen Finanzmärkten das Flaggschiff. Pensionskassen aus aller Welt geben Deutschland Kredit, obwohl sie damit Verluste machen. Mit Anleihen kürzerer Laufzeit kann der Bund bereits seit längerer Zeit Geld verdienen. Das nun angebotene Zehn-Jahres-Papier war erstmals überhaupt mit einem Zinskupon von 0,00 Prozent zur Auktion ausgeschrieben. Der Bund bot den Anlegern also von vornherein keine Zinsen. Die letzte begebene zehnjährige Bundesanleihe war noch im Januar mit einem Zinskupon von 0,5 Prozent versehen. Der bislang höchste Zinskupon wurde 1981 mit 10,75 Prozent festgesetzt.

Hinter der jüngsten Entwicklung steckt die Europäische Zentralbank (EZB), die in großem Stil Staatsanleihen am Markt aufkauft und so die Zinsen drückt. Auf dem sogenannten Sekundärmarkt werden zehnjährige Bundesanleihen bereits seit mehreren Wochen mit negativen Renditen gehandelt. Aktuell liegt der Wert bei minus 0,11 Prozent. "Solange die EZB jeden Monat etliche Milliarden in den Markt pumpt, gibt es auf jeden Fall einen sicheren Abnehmer", sagte Analyst Elmar Völker von der Landesbank Baden-Württemberg. Ein weiterer Grund für das große Interesse: Anleger haben ihr Geld angesichts des Brexit-Votums der Briten in "sichere Häfen" gelenkt. Bundesanleihen sind in solchen Krisenmomenten, neben Schweizer Staatsanleihen, stark begehrt: Sie gelten als nahezu risikoloses Investment, weil Deutschland pünktlich zurückzahlt und von großen Ratingagenturen mit der höchsten Bonitätsnote "AAA" bewertet wird. Außerdem genießen Bundesanleihen nahezu Bargeldstatus, da es für sie einen großen Markt gibt, auf dem Anleger die Papiere problemlos kaufen und verkaufen können.

Finanzminister Wolfgang Schäuble wiederum finanziert mit den günstigen Anleihen den gut eine Billion Euro großen Schuldenberg des Bundes. Die deutschen Steuerzahler profitieren davon.

© SZ vom 14.07.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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