Staatsanwaltschaft durchsucht Konzernzentrale:Bahnchef Mehdorn unter Korruptionsverdacht

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Am Montag bekam Hartmut Mehdorn Besuch vom Staatsanwalt - er soll einen Verkehrsminister bestochen haben, um Aufträge des Landes Brandenburg zu erhalten. Selbst die EU-Kommission ermittelt bereits.

Von Klaus Ott

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt nach eigenen Angaben gegen Hartmut Mehdorn, den Vorstandsschef der Deutschen Bahn (DB), und den ehemaligen Brandenburger Verkehrsminister Hartmut Meyer wegen des Anfangsverdachtes der Korruption. Der Verdacht ergebe sich aus möglichen wirtschaftlichen Nachteilen für das Land Brandenburg beim Abschluss eines langfristigen Nahverkehrsvertrages mit dem Staatsunternehmen DB Ende 2002 und offenkundigen wirtschaftlichen Vorteilen für den damaligen Minister Meyer aus einem späteren Beratervertrag mit der Bahn, erklärte die Behörde.

Zum schlechtesten Manager Deutschlands wurde Mehdorn bereits gewählt. War er auch unlauter? (Foto: Foto: AP)

Deutsche Bahn weist Vorwürfe zurück

DB-Sprecher Werner Klingberg wies den Verdacht am Montag umgehend zurück. Klingberg erklärte auf Anfrage, man sehe den Ermittlungen gelassen entgegen. "Wir unterstützen die Staatsanwaltschaft bei ihrer Arbeit und sind sicher, dass die Anschuldigungen sich bald als gegenstandslos erweisen werden." Die Bahn sehe auch keinen Grund, am Beratervertrag mit Meyer "irgendetwas zu ändern". Der Vertrag laufe weiter.

Die Staatsanwaltschaft ließ am Montag mehrere Büros durchsuchen. Betroffen waren die Konzernzentrale der Bahn in Berlin, eine Beraterfirma sowie Privaträume des ehemaligen Brandenburger Verkehrsministers Meyer. Dabei wurden alle Unterlagen über den zehn Jahre laufenden Verkehrsvertrag und einen Beratervertrag für Meyer beschlagnahmt, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Vertrag ohne Ausschreibung

In dem Ermittlungsverfahren gegen Ex-Minister Meyer wegen Bestechlichkeit und Bahnchef Hartmut Mehdorn wegen Bestechung geht es um einen zwischen Brandenburg und der Deutschen Bahn im Dezember 2002 ohne Ausschreibung abgeschlossenen Verkehrsvertrag. Dieser läuft bis 2012 und sichert der Bahn die lukrativsten Regionalstrecken im Land.

Meyer war elf Monate nach Vertragsabschluss überraschend zurückgetreten und ist mittlerweile Berater der Bahn AG. Wegen möglicherweise vermeidbarer wirtschaftlicher Nachteile des Landes aus dem Vertrag und dem "außerordentlich zeitnahen Abschluss eines offenbar nicht unentgeltlichen Beratervertrages mit demselben Vertragspartner wie im Dezember 2002" ergebe sich ein Korruptionsverdacht, erklärte die Neuruppiner Staatsanwaltschaft.

EU-Kommission bereits aktiv

Ob auch die damalige Auftragsvergabe ohne Ausschreibung rechtens war, ist weiter strittig. Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte eine entsprechende Klage des Bahn-Konkurrenten Connex im vergangenen Jahr abgewiesen. Dagegen bezweifelt die Europäische Kommission in Brüssel, dass der Vertrag ohne eine europaweite Ausschreibung geschlossen werden durfte.

Die EU-Kommission hat in einem Schreiben an die Bundesregierung den Vertrag der DB mit dem Land Brandenburg sowie Nahverkehrsverträge der Bahn mit vier weiteren Ländern beanstandet. Die Regierung erarbeitet derzeit zusammen mit den betroffenen Ländern eine Antwort für die EU, die Frist hierzu läuft demnächst ab.

© SZ vom 16.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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