Sportwirtschaft:Viel Geld für einige wenige

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100 Millionen Euro plus X: So teuer wäre Kai Havertz (Leverkusen) gewesen - vor der Coronakrise. (Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Im Profifußball kommen immer mehr kleine Ausrüster zum Zuge. Doch das Geschäft ist hart umkämpft. Das hat Gründe.

Von Uwe Ritzer, Düsseldorf

Für den Schluss der Talkrunde hat der Moderator ein Spielchen vorbereitet. Er legt Kai Kuhlmann von Puma und Christoph Rohmer von Jako jeweils eine Liste von vier deutschen Profifußballklubs vor: SC Freiburg, FC Augsburg, Fortuna Düsseldorf und FC St. Pauli. Bei allen laufen in diesem oder im nächsten Sommer die Ausrüsterverträge aus und die beiden Sportartikelmanager sollen nun angeben, bei welchem Klub sie mit ihren Firmen am liebsten einsteigen würden und was ihnen der jeweilige Ausrüsterdeal wert wäre. Theoretisch.

Kuhlmann und Rohmer winden sich heraus, ihre Zettel bleiben leer. Das Ausrüstergeschäft ist zu umkämpft, als dass man Interesse oder Abneigung offen zeigt. Jeden Tag könnten neue Türen bei Vereinen aufgehen, sagen Kuhlmann und Rohmer beim Sportwirtschafts-Kongress Spobis in Düsseldorf. Vielfalt und Wettbewerb sind so groß wie noch nie. 13 verschiedene Ausrüster liefern die Trikots für die 36 Teams der ersten und zweiten Bundesliga.

Aus der Sicht der Vereine profitieren keineswegs alle vom verschärften Konkurrenzkampf. Noch nie war die Kluft größer was Ausrüsterverträge angeht. Ein Team wie die Düsseldorfer Fortuna, der FC Augsburg oder die Freiburger sind für eine bis anderthalb Millionen Euro in Geld und Ware pro Jahr zu haben. Der FC Bayern etwa streicht von Ausrüster Adidas 60 Millionen und Borussia Dortmund von Puma neuerdings 30 Millionen Euro ein.

Die Sportartikel-Konzerne Adidas und Nike haben aber kein großes Interesse mehr am Geschäft mit mittelmäßigen Bundesligisten oder Zweitligavereinen. Sie konzentrieren sich auf internationale Top-Teams mit entsprechender Strahlkraft. In diesen Kreisen explodieren die Preise. So kassiert Erhebungen des Marktforschers Nielsen zufolge Arsenal London von Ausrüster Adidas 65 Millionen Euro pro Jahr und damit 63 Prozent mehr als in der Saison zuvor. Juventus Turin (Adidas) und Paris St. Germain (Nike) haben ihre Ausrüster-Erlöse im selben Zeitraum jeweils verdoppelt. Um wieder oben mitzuspielen lässt sich Puma das Engagement bei Manchester City 70 Millionen Euro pro Jahr kosten, fast fünfmal mehr als Nike vorher bezahlt hat. Um bei Dortmund im Geschäft zu bleiben zahlt Puma neuerdings dreieinhalb Mal mehr.

Von der Konzentration der großen Ausrüster auf die großen Klubs profitieren hierzulande kleine Hersteller wie Jako, Erima, Lotto oder Hummel. Natürlich, räumt Jako-Sponsoringchef Rohmer ein, komme ein kleines Unternehmen nur dann zum Zug, wenn keiner der großen Drei - Nike, Adidas oder Puma - Interesse habe. Wie beim VfB Stuttgart, wo Jako Puma nach 16 Jahren ablöste. Ein Familienunternehmen mit 100 Millionen Euro Umsatz als Nachfolger des Milliardenkonzerns - "das ist definitiv nicht die Regel", sagt Rohmer.

Unterm Strich allerdings spielt sich aus der Sicht der Vereine eine Verschiebung zugunsten der Top-Klubs ab, von der nur diese profitieren. Insgesamt zahlen die Ausrüster in der laufenden Saison 116 Millionen Euro an die 36 Bundesligisten, nur 13 Millionen mehr als vor fünf Jahren. Die Klubs der englischen Premier League erlösen 427 Millionen Euro, fast 100 Millionen mehr als vor fünf Jahren.

© SZ vom 31.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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