Sparpläne von GM für Opel:Es könnte noch schlimmer kommen

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Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnten bei Opel noch viel mehr Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen als bisher angenommen: Es droht weiterer Personalabbau durch die Auslagerung von Betriebsteilen oder die Fremdvergabe von Aufträgen.

Von Harald Schwarz

In der Belegschaft des Autoherstellers Opel geht an den Standorten Rüsselsheim und Bochum die Angst um, dass die Einschnitte beim Personal durch den US-Mutterkonzern General Motors (GM) noch stärker als bisher eingeräumt ausfallen könnten. Im Werk Bochum stand am Freitag die Produktion weiter still.

Gabelstapler blockieren den Eingang zum Bochumer Opel-Werk. (Foto: Foto: AP)

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung können die Planungen von GM durchaus den bisher verkündeten Abbau von 12.000 Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2006, darunter 10.000 allein in Deutschland, noch deutlich übertreffen.

"Denkbar, dass es nicht bei 12.000 bleibt

Nach der auf Drängen der Arbeitnehmerbank abgehaltenen Sondersitzung des Opel-Aufsichtsrats hieß es in gut unterrichteten Kreisen: "Ja, das ist so. Es ist denkbar, dass es nicht bei den 10.000 beziehungsweise 12.000 bleibt."

Der Abbau könne darüber hinaus ausgedehnt werden durch die Vergabe von Arbeiten, die Opel momentan selbst erledigt, an Drittfirmen oder durch Auslagerungen von Betriebsteilen.

Die Unternehmensleitung blieb allerdings bei ihrer bisherigen Darstellung der radikalen Sparpläne. Allerdings tauchte der Punkt Fremdvergabe und Auslagerungen im Gegensatz zum Vortag in einer Stellungnahme der im Aufsichtsrat vertretenen Betriebsräte und Gewerkschafter plötzlich zusätzlich auf.

Verschärfung des Personalabbaus

Als "Mindestbedingungen" für Verhandlungen mit dem Management listen die Arbeitnehmervertreter auf: Erstens keine Werkschließung; zweitens keine betriebsbedingten Kündigungen; und drittens: "keine Verschärfung des Personalabbaus durch Fremdvergaben und Auslagerungen".

In den informierten Kreisen hieß es dazu: "Der Teufel steckt hier im Detail." Der Vorsitzende des Opel-Gesamtberiebsrats, Klaus Franz, der auch stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats ist, teilte nach der Sitzung des Kontrollgremiums mit, die Planung eines Abbaus von 10.000 Arbeitsplätzen bei dem Unternehmen in Deutschland werde nicht akzeptiert.

Es müssten vielmehr alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Einschnitte beim Personal "so gering wie möglich zu halten". Um Beschäftigung an den hiesigen Opel-Standorten zu sichern, seien die Belegschaften zu "Zugeständnissen" bereit.

Franz sagte: "Ohne Personalabbau werden wir aus dieser Situation nicht herauskommen." Nach den bisher vorliegenden, von Opel nicht dementierten Informationen sollen an den Standorten Rüsselsheim und Bochum jeweils rund 4000 Stellen und in Kaiserslautern etwa 500 Jobs wegfallen.

Sparvorschläge in groben Zügen

Die Differenz zu 10 000 konnte auch ein Opel-Sprecher auf SZ-Anfrage nicht erklären. Der Vize-Chef von GM Europa und Opel-Aufsichtsratsvorsitzende Carl-Peter Forster sagte, in der Sitzung des Gremiums seien die Sparvorschläge "in groben Zügen andiskutiert" worden.

Ihm sei daran gelegen, in Verhandlungen mit den Betriebsräten "gemeinsame Lösungen für das Problem" zu entwickeln. Zur Situation im Werk Bochum, wo am Freitag kein Auto von den Bändern rollte und auch die Produktion von Achsen, Getrieben und Motoren lahmgelegt war, meinte Forster: "Streik halte ich für nicht förderlich."

Dem Streik-Vorwurf widersprach Rainer Einenkel, der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende in der Bochumer Fabrik. Er sagte: "Die Kollegen nutzen ihr Informationsrecht und informieren sich über die Zukunft des Werks und ihrer Arbeitsplätze.

legitimierte Arbeitsniederlegung

Das wird den ganzen Tag andauern." Das sei auch legitimiert durch das Grundgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz. Wie es mit den Arbeitsniederlegungen weitergehe, hänge von den Entscheidungen des Managements ab. Einenkel: "Über die Vernichtung von Arbeitsplätzen verhandeln wir nicht."

Nach Opel-Angaben werden derzeit normalerweise täglich rund 1000 Autos der Modelle Astra und Zafira in Bochum gebaut. In Rüsselsheim sind es knapp 800 Fahrzeuge der Typen Vectra und Signum am Tag.

Proteste in Bochum kosten täglich 30 Millionen Euro

Bochum spielt auch eine wichtige Rolle als Teilelieferant für andere GM-Werke in Europa, die durch die Proteste zeitlich verzögert in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Laut Betriebsrat kostet ein Tag Produktionsausfall in dem Werk an der Ruhr bis zu 30 Millionen Euro.

Einem Opel-Sprecher zufolge ist dagegen an allen anderen deutschen Standorten des Unternehmens, also in Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach, "nichts passiert".

Es herrsche in diesen Fabriken "das normale Geschehen". Protestierende in Bochum verlangten von den Rüsselsheimern allerdings mehr Solidarität. Beispielsweise hieß es dort: "Am Besten wäre es, wenn sie das Gleiche machen wie wir."

© SZ vom 16.10.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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