Langzeitarbeitslose können seit Anfang des Jahres auf dem "sozialen Arbeitsmarkt" unterkommen, den der Bundestag im November beschlossen hat. Über Lohnkostenzuschüsse werden für sie in Firmen, Kommunen und bei gemeinnützigen Trägern Stellen geschaffen. Bezahlt werden sie jeweils nach Tariflohn. Eine "längerfristige Perspektive auf sozialversicherungspflichtige Arbeit" nannte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) das Projekt in seiner Bundestagsrede. Nun aber kommt Kritik von den Grünen im Bundestag an den Rahmenbedingungen, die mit dem sozialen Arbeitsmarkt verbunden sind.
Konkret geht es der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion, Beate Müller-Gemmeke, um die sogenannten Zuweisungen, die von den Jobcentern an die Teilnehmer des sozialen Arbeitsmarkts verschickt werden. Neben ihrem Arbeitsvertrag bekommen die Langzeitarbeitslosen nämlich auch "zwei Zuweisungen mit Rechtsfolgenbelehrung" vom Amt. Eine weist die Teilnehmer ihrem neuen Job zu, die andere bezieht sich auf das Coaching, das parallel dazu stattfindet.
Aus geförderter Beschäftigung soll langfristig eine ungeförderte werden
Was nach einer Formalie klingt, hat handfeste Folgen. Wegen dieser Zuweisungen hat es das Jobcenter es nämlich weiter in der Hand, die Neu-Arbeitnehmer wieder abzuziehen von ihrer Stelle, etwa für eine Ausbildung, einen anderen Arbeitsplatz oder eine Weiterbildungsmaßnahme. Und: Laut Müller-Gemmeke können auf diese Weise die Teilnehmer am sozialen Arbeitsmarkt im Fall von Pflichtverletzungen genauso sanktioniert werden wie vorher als Hartz-IV-Empfänger - etwa, wenn es Ärger bei der Betreuung und Beratung gibt, die einen Job auf dem sozialen Arbeitsmarkt immer begleiten sollen. Grundlage der Kritik ist eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen, die der SZ vorliegt. "Mit der Zuweisung verbleibt die Integrationsverantwortung beim örtlichen Jobcenter", heißt es darin.
So solle sichergestellt werden, dass aus der geförderten Beschäftigung mittel- bis langfristig eine ungeförderte werden könne. Das System setze "auf Eigenverantwortung und Aktivierung und besteht sowohl aus Rechten als auch Pflichten". Nach Meinung von Müller-Gemmeke dagegen widerspricht es "ganz klar" der Idee des sozialen Arbeitsmarkts, wenn die Betroffenen behandelt werden, als nähmen sie an einer normalen Jobcenter-Maßnahme teil. "Wenn nach dem freiwilligen Abschluss eines Arbeitsvertrags wieder Zwang und Druck ausgeübt wird, dann ist das absurd." Beim Sozialen Arbeitsmarkt gehe es um ganz normale Arbeitsverträge. "Sanktionsandrohungen gehören da definitiv nicht dazu."