Soffin-Chef Rehm:"Die HRE soll schnell wieder in private Hände"

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Hannes Rehm, der Chef des Rettungsfonds Soffin, über die Bedeutung der Hypo Real Estate für alle und Störfeuer bei der Sanierung.

Th. Fromm und M. Hesse

Hannes Rehm, 66, war schon im Ruhestand, als er auf Drängen von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Februar den Job als oberster Bankenretter annahm. Jetzt muss er die angeschlagene Hypo Real Estate sanieren. Das Institut soll möglichst bald wieder auf eigenen Beinen stehen.

Soffin-Chef Hannes Rehm: "Die HRE soll so schnell wie möglich in private Hände zurückgeführt werden." (Foto: Foto: dpa)

SZ: Herr Rehm, die Aktionäre der Hypo Real Estate (HRE) sind sauer, dass sie aus der Bank gedrängt werden, während etwa die Anteilseigner der Commerzbank bleiben dürfen. Können Sie das nachvollziehen?

Rehm: Für den Ärger der Aktionäre haben wir Verständnis. Aber wir haben leider keine Alternative. Die HRE ist von überragender systemischer Bedeutung, das heißt: Die Folgen einer Insolvenz wären womöglich noch größer als bei Lehman Brothers, jeder Einzelne würde dies zu spüren bekommen. Vor allem ein Ausfall der ungedeckten Schuldverschreibungen würde alle treffen - die Sozialkassen, die Kirchen, die Krankenkassen. Um die HRE sanieren zu können, brauchen wir 100 Prozent der Bank, auch um mögliche Störfeuer zu vermeiden.

SZ: Was für Störfeuer meinen Sie?

Rehm: Es gibt Investoren, etwa Hedgefonds, deren Geschäftsmodell genau darauf ausgerichtet ist, als Minderheitsaktionär aus solchen Situationen Kapital zu schlagen. Wir konnten über Jahre hin beobachten, wie die Hypo-Vereinsbank derartigen Störfeuern ausgesetzt war - das ist für uns abschreckendes Beispiel.

SZ: Selbst eine einzige Aktie im Umlauf kann also die Sanierung gefährden?

Rehm: Zugespitzt kann man das so sagen. Nur durch den Erwerb von 100 Prozent der Anteile kann die Sanierung rechtssicher, nachhaltig und kosteneffizient durchgeführt werden.

SZ: Nach dem Angebot des Bundes in Höhe von 1,39 Euro stieg der Kurs zeitweise deutlich. Spekulieren Hedgefonds auf eine höhere Abfindung?

Rehm: Das ist möglich. Aber ich glaube nicht, dass diese Rechnung aufgeht. Das endgültige Abfindungsangebot wird nicht höher sein als die bereits gebotenen 1,39 Euro.

SZ: Der Finanzinvestor Flowers hat zugesichert, auch er wolle alles tun, um die Bank zu sanieren. Heute hält er noch knapp 14 Prozent. Warum kann er nicht dabeibleiben und mit dem Bund die Sanierung vorantreiben?

Rehm: Wir können Herrn Flowers nicht anders behandeln als andere Aktionäre. Wir haben übrigens sehr früh das Gespräch mit ihm gesucht, um ihm unseren Weg zu erklären. Flowers hat seinerseits Vorschläge für seinen Verbleib in der Bank gemacht, doch diese waren für uns nicht akzeptabel. Sie hätten zu einer unausgewogenen Verteilung der Chancen und Risiken geführt.

SZ: Glauben Sie, dass sein Widerstand nun gebrochen ist? Oder wird Flowers gegen seinen Ausschluss klagen?

Rehm: Wir leben in einem Rechtsstaat, und Herr Flowers hat alle Möglichkeiten, die dieser bietet. Ob dies erfolgreich wäre, ist eine andere Frage. Wir hoffen, dass sich alle Aktionäre ihrer Verantwortung bewusst sind.

SZ: Wie muss sich die Bank verändern, um eine Zukunft zu haben?

Rehm: Die Bank hat sich schon stark verändert, was in dieser Phase des Übergangs eine große Leistung des jetzigen Managements ist. Die HRE wird sich auf wenige Geschäftsfelder konzentrieren und die Kosten erheblich senken müssen.

SZ: Glauben Sie, dass die Bank wieder auf die eigenen Füße kommt?

Rehm: Natürlich. Wenn das nicht so wäre, würden wir uns womöglich der Konkursverschleppung schuldig machen. Die Kapitalerhöhung durch den Bund ist an eine positive Fortführungsprognose geknüpft.

SZ: Die HRE wird also nicht für immer eine Staatsbank bleiben?

Rehm: Das war in der politischen Diskussion nie ein Thema. Die HRE soll so schnell wie möglich in private Hände zurückgeführt werden.

SZ: Wann wird das sein?

Rehm: In zwei bis drei Jahren könnte die Bank wieder in der Lage sein, sich voll über den Kapitalmarkt zu refinanzieren. Das ist die erste Voraussetzung für den Rückzug des Staates. Erste Schritte an den Kapitalmarkt sind schon 2009 möglich.

SZ: Gibt es weitere Voraussetzungen?

Rehm: Sicher muss die HRE dem Markt ein funktionierendes Geschäftsmodell präsentieren und im Neugeschäft erfolgreich sein. Sie muss dauerhaft stabile Kapitalrenditen erzielen und die Kosten im Griff haben.

SZ: Konkurrenten beklagen eine Wettbewerbsverzerrung durch den Staatseinstieg. Haben sie nicht recht?

Rehm: Das ist für uns ein ernstes Thema. Aber das Rettungsgesetz ist grundsätzlich von der EU genehmigt, jede einzelne Anwendung wird dann noch einmal geprüft.

SZ: Das heißt, die EU macht Auflagen für die Verstaatlichung der HRE?

Rehm: Das ist nicht auszuschließen. Aber wir sind zuversichtlich, dass Auflagen die Sanierung nicht erschweren.

SZ: Wird es nach der Verstaatlichung noch Veränderungen im Vorstand und Aufsichtsrat geben? Schließlich wird der Bund ein großes Mitspracherecht im Kontrollorgan für sich beanspruchen wollen.

Rehm: Ich will dem neuen Eigentümer nicht vorgreifen. Aber die Zusammenarbeit mit dem aktuellen Management ist gut.

© SZ vom 02.06.2009/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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