Snap-Börsengang:Sei doch die Welt

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Lange Zeit wurde Snapchat belächelt. Nun will der Messaging-Dienst an die Börse. Was er macht, wie mächtig er ist und was dieser Erdball soll.

Von Sophie Burfeind, München

Vielleicht hat es etwas zu bedeuten, dass man sein Gesicht an diesem Tag in eine blaue, von Satelliten umrauschte Weltkugel verwandeln kann, aus der nur noch Mund und Augen gucken. Denn Snap Inc., die Firma hinter der Messaging-App Snapchat, will an die Börse gehen, also noch globaler und größer werden. Das Wall Street Journal schätzt, dass Snap an der New Yorker Börse mit bis zu 25 Milliarden Dollar bewertet werden könnte. Es wäre der größte Börsengang seit dem des chinesischen Handelskonzerns Alibaba im September 2014.

Snapchat, das muss man so sagen, wird von vielen immer noch als alberner Zeitvertreib von Jugendlichen belächelt. In Wirklichkeit gehört die Anwendung für Mobilgeräte mit ihren nach eigenen Angaben 150 Millionen Nutzern pro Tag längst zu den wertvollsten Firmen der Welt. Höchste Zeit für ein paar Erklärungen.

Snapchat - was ist das überhaupt?

Snapchat ist ein Instant-Messaging-Dienst, der auf Smartphones und Tablets genutzt werden kann. Robert Murphy und Evan Spiegel, damals 22 und 21, gründeten das Start-up 2011 in Kalifornien. Über die App können sich "Snapper", also bei Snapchat angemeldete Menschen, Fotos, Videos und Textnachrichten schicken. Möglich ist auch eine Kombination aus all dem, das nennt sich Snapchat-Story. Das Besondere ist: Die Inhalte werden gelöscht, wenn man sie angesehen hat. Das fanden viele besonders für den Austausch von Nacktbildern praktisch, deswegen hatte Snapchat anfangs den Ruf einer Sexting-App.

Es gibt doch schon Facebook, Whatsapp und Instagram. Wieso ist Snapchat trotzdem so erfolgreich?

Snapchat spielt mit dem Reiz der Flüchtigkeit, die Inhalte wirken echt und authentisch. Im Gegensatz zu Facebook und Instagram hat der Snapper außerdem kein Profil, das alle einsehen können, sondern kommuniziert nur mit ausgewählten Personen über einen Nachrichtenkanal. Er teilt mit, was er unmittelbar erlebt. Das ist ein bisschen wie Tagebuchschreiben - nur dass man die Notizen mit seinen Freunden teilt. Snapchat ist dadurch auch das Gegenteil zur Instagram-Welt, in der es um perfekte Inszenierung geht. In der Snapchat-Welt dagegen verwandelt man sein Gesicht für ein Selfie mithilfe quatschiger Fotofilter in eine Weltkugel und denkt sich: endlich mal Spaß haben!

Wer nutzt Snapchat?

Keine Panik, wenn Sie kein Snapchat haben! Fast alle Snapchat-Nutzer sind jünger als 35 Jahre und von denen sind die meisten jünger als 24 Jahre. Beliebt ist die App außerdem bei Prominenten, die ihre Fans per Snapchat-Story etwa an der Geburt ihres Kindes teilhaben lassen, oder bei Medienhäusern. Daily Mail, Vice, Buzzfeed oder National Geographic beispielsweise nutzen das Netzwerk schon zur Verbreitung von Multimedia-Geschichten.

Sind Snapchat und Facebook Konkurrenten?

Snapchat ist der Angstgegner von Facebook. Der Hauptgrund dafür ist, dass Facebook von Jugendlichen immer weniger genutzt wird. Viele finden es uncool, dass dort auch ihre Eltern und Großeltern angemeldet sind, Textnachrichten sind auch irgendwie Mainstream. Viele Jugendliche kommunizieren lieber per Video. Bei Snapchat wurden im April 2016 täglich zehn Milliarden Videoclips angesehen, an die zwei Milliarden mehr als bei Facebook. Weil auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mehr auf Video-Nachrichten setzen will, wollte er Snapchat vor drei Jahren kaufen. Erst bot er eine Milliarde, dann drei Milliarden Dollar. Aber Mitgründer Spiegel lehnte ab. Im Jahr zuvor hatte Facebook für eine Milliarde Dollar schon Instagram gekauft.

Lustige Videobotschaften, schön und gut. Aber wie verdient Snapchat Geld?

Mit Werbung. Firmen können Filter und Linsen sponsern - dass diese werblich sind, fällt oft gar nicht auf. Außerdem können Unternehmen wenige Sekunden lange Videos schalten, die zwischen den Stories von Freunden eingeblendet werden.

Wie geht es weiter?

Bislang konnte Snap schon 2,6 Milliarden Dollar an Investorengeldern einwerben, an die Börse will die Firma im März 2017.

Was bedeutet dieser Börsengang?

Viele junge Firmen wollen an die Börse, weil sie so viel Geld einsammeln können, um zu wachsen. Dem Börsengang von Snap könnten nach Ansicht von Experten weitere große Start-ups folgen, etwa der Fahrservice Uber oder der Wohnraumvermittler Airbnb.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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