Silvio Berlusconi:Gesendet wird, was gut gefällt

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Der Mailänder Medienherrscher hat die italienische Fernsehlandschaft revolutioniert.

Stefan Ulrich

"Ich dachte an all die Dinge, die in die Wohnzimmer gebracht werden konnten - Spielshows, Quizshows, Information, aber auch Werbung und Konsum." So hat Silvio Berlusconi einst seine Vision beim Aufbau des italienischen Privatfernsehens beschrieben. Tatsächlich bescherte er den Italienern all diese Dinge - wobei Werbung an erster, Information an letzter Stelle zu nennen wäre.

Zugleich löste Berlusconi eine Kulturrevolution aus: Das Fernsehen machte der Piazza den Rang als Treffpunkt streitig. Inwieweit die Italiener so passiver, unpolitischer und manipulierbarer wurden, wird sich wohl erst in Jahrzehnten richtig begreifen lassen. Zwei Faktoren begünstigten den Aufstieg des Mailänders zum Medienherrscher: das verstaubte, von den Parteien als Verlautbarungsinstrument missbrauchte Staatsfernsehen Rai und der geniale Verkäuferinstinkt Berlusconis. Er erkannte, welche Geschäftsmöglichkeiten das Fernsehen bot und nutzte die Lücken im italienischen Recht, um ein Monopol beim Privat-TV zu errichten.

Partei wie Waschmittel beworben

Dabei trieb ihn kein verlegerischer Ehrgeiz um. "Gesendet wird, was sich verkauft", lautete sein Prinzip. So bescherte er den Italienern ein Menü aus amerikanischen Spielfilmen, Serien, Quiz- und Reality-Shows, Seifenopern und Sport, serviert von charmetriefenden älteren Moderatoren und minimalistisch bekleideten, jungen Assistentinnen. Die Mischung machte Quote, und Quote ließ die Werbeeinnahmen steigen. Welche Macht der Mann aus Mailand so angehäuft hatte, zeigte sich 1994 bei seinem Einstieg in die Politik. Mit einer Kampagne nach den Gesetzen der Massenwerbung drückte er seine Partei Forza Italia wie ein Waschmittel in den Markt. Seine Manager wurden Abgeordnete - er selbst Regierungschef. Unverhüllt gab er zu, mit Hilfe der Politik sein Geschäftsimperium absichern zu wollen. Es gelang ihm, bis heute eine wirksame Monopolgesetzgebung zu verhindern.

Obwohl sich Berlusconi als Liberaler geriert, sorgte er dafür, dass die Fernsehlandschaft zwischen seiner Gruppe und dem Staats-TV aufgeteilt blieb. Das Programm der Rai glich sich dabei dem Niveau der Berlusconi-Sender an - nicht selten auch politisch. So wurden einmal drei kritische Journalisten abgeschaltet, nachdem Berlusconi sie - bei einem Staatsbesuch in Bulgarien - kritisiert hatte. Der Vorgang ging als "Edikt von Sofia" in die Geschichte ein. Auch beim Parlamentswahlkampf im vergangenen Winter ging der damalige Premier nicht eben feinfühlig mit seiner Macht um. Er präsentierte sich bis zum Überdruss auf allen Kanälen - mal als Regierungschef, mal als Parteiführer und mal als "spontan" anrufender Zuschauer.

Nachdem Berlusconi dennoch abgewählt wurde, droht ihm nun eine Beschränkung seiner Fernsehmacht in Italien. Wohl deshalb blickt er nun nach Deutschland. Einer Verflachung des Programms könnten die Deutschen dabei selbst vorbeugen. Denn "Seine Emittenz", wie er genannt wird, sendet ja nur, was sich gut verkauft.

© SZ vom 7.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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