Siemens und Nokia:"Neuer Titan in der Telekom-Industrie"

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Siemens gelingt der große Wurf: Der Konzern schließt sich beim ertragsschwachen Netzwerkgeschäft mit dem Konkurrenten Nokia zum drittgrößten Telekommunikations-Ausrüster der Welt zusammen. Tausende von Arbeitsplätzen stehen allerdings auf dem Spiel.

Die beiden Unternehmen legen ihre Ausrüstersparten in einem Gemeinschaftsunternehmen zusammen, teilten Siemens und Nokia am Montag mit. Das neue Unternehmen wird knapp 16 Milliarden Euro Umsatz machen und 60.000 Beschäftigte haben. Damit wollen die Europäer dem wachsenden Druck asiatischer Konkurrenten Paroli bieten. Allerdings könnten in den kommenden Jahren tausende Stellen wegfallen.

Formen eine Tochtergesellschaft mit globalen Ambitionen. (Foto: Foto: dpa)

Mit Nokia Siemens Networks - so der Name des Gemeinschaftsunternehmens - entstehe ein "neuer Titan in der Telekomindustrie", sagte Siemens-Chef Klaus Kleinfeld.

Das Zusammengehen sei die "beste denkbare Lösung gewesen", um auf die wachsende Konkurrenz sowie das Zusammenwachsen von Mobilfunk und Festnetz mit Informations- und Unterhaltungsangeboten zu reagieren.

"Ergänzt sich gut"

Die Kundenbasis beider Unternehmen ergänze sich sehr gut. Die Kartellbehörden müssen der Megafusion noch zustimmen.

Genehmigen sie den Schulterschluss, entsteht der drittgrößte Telekom-Ausrüster. Nokia und Siemens liegen knapp hinter LM Ericsson/Marconi. An der Spitze steht demnächst klar der neue Verbund aus Alcatel und Lucent Technologies. An dem Joint-Venture halten die Konzerne jeweils 50 Prozent.

Siemens stellt den Finanzvorstand, zudem sollen drei der fünf Geschäftsbereiche den Sitz in München haben. Rund 40.000 der 60.000 Mitarbeiter werden von Siemens kommen. Dennoch spielen die Finnen eine größere Rolle.

Umsatz wird auf finnischer Seite verbucht

Nokia Siemens Networks wird seinen Hauptsitz in Helsinki haben, der Nokia-Manager Simon Beresford-Wylie übernimmt den Vorstandsvorsitz. Außerdem konsolidieren die Finnen das Joint Venture in ihrer Bilanz, das heißt, der Umsatz wird auf ihrer Seite verbucht.

Siemens-Finanzchef Joe Kaeser begründete die Dominanz der neuen Partner mit deren besseren Margen im Ausrüster-Geschäft.

Siemens hat damit eine Lösung für die ertragsschwache Kommunikationssparte Com gefunden. Die Sparte ist nach Umsatz das wichtigste Geschäftsgebiet von Siemens.

Aus eigener Kraft hätte der Bereich nach Einschätzung von Analysten die ehrgeizigen Renditevorgaben aber nicht wie von Kleinfeld gefordert bis nächstes Jahr erfüllen können.

In das neue Unternehmen wird mit den Mobilfunknetzen und Festnetzaktivitäten nun der Großteil von Com eingebracht. Übrig bleiben lediglich die Unterbereiche Entprise Business und das Wireless-Modules-Geschäft. Letzteres wird ab dem 1. Oktober 2006 in den Siemens-Bereich Automation and Drives integriert.

Der auf Telefon-Anlagen für Büros und Unternehmen spezialisierte Unterbereich Enterprise Business solle möglichst bald auf eigene Beine gestellt und zu einem schlagkräftigen Unternehmen ausgebaut werden, sagte Kleinfeld.

Rückzug aus Enterprise Business

Hierfür spreche man im Augenblick mit mehreren potentiellen Partnern. Fest stehe aber, das Siemens keine Mehrheit an dem Geschäft behalten werde. Enterprise Business habe gute Chancen, zur weltweiten Nummer Zwei hinter dem Marktführer Cisco aufzusteigen.

Der derzeitige Siemens-Geschäftsbereich Com werde als Verwaltungseinheit "weiterexistieren, bis der Deal über die Bühne ist".

Nokia und Siemens setzen große Hoffnungen auf das neue Gemeinschaftsunternehmen. So wollen die Konzerne bis 2010 jährliche Einspareffekte von 1,5 Milliarden Euro erreichen.

Einsparungen

Die Einsparungen könnten jedoch auch tausende Arbeitnehmer betreffen. Der Chef des neuen Joint-Ventures, Simon Beresford-Wylie, sagte, in den kommenden Jahren könnten zwischen 10 und 15 Prozent der 60.000 Jobs bei Nokia Siemens Networks eingespart werden.

Es müsse sich aber nicht zwangsläufig um Stellenstreichungen handeln, auch Verlagerungen seien denkbar. Die Kosten für die Verschmlezung bezifferte er auf rund 1,5 Milliarden Euro.

Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo kündigte an, Nokia Siemens Network werde vor Restrukturierungskosten bereits im ersten Jahr eine zweistellige operative Marge erreichen.

Große Ziele

Mittelfristig solle sich das neue Unternehmen zum profitabelsten in der Branche der Telekom-Ausrüster mausern. Nokia Siemens Networks werde außerdem schneller wachsen als der Markt.

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