Siemens - Hauptversammlung:"Ich bin überrascht von diesem Rentnertreffen"

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Der Siemens-Vorstand hat die Hauptversammlung des Konzerns genutzt, um seine Sicht der Dinge darzulegen.sueddeutsche.de gab unterdessen manchem Kleinaktionär die Gelegenheit, sich vor der Kamera zu äußern.

Viele Siemens-Aktionäre machten ihrem Ärger über die Informationspolitik in der Korruptionsaffäre auf der Hauptversammlung Luft.

Während der Versammlung befragte sueddeutsche.de Kleinaktionäre zu Korruptionsaffäre und Spitzengehältern und bekam einiges zu hören: Als "Ehrenwerte Bagage" und "Totengräber der sozialen Marktwirtschaft" musste sich das Siemens-Management bezeichnen lassen, andere waren lediglich über den Charakter der Veranstaltung überrascht: So mancher Aktionär wunderte sich über das hohe Durchschnittsalter der Besucher. Mehr dazu im sueddeutsche.de-Video.

Harte Worte der Aktionärsschützer

Auch die Aktionäre, die in der Halle ans Mikrophon traten, geizten nicht mit Vorwürfen an die Adresse des Siemens-Vorstands. Insbesondere die Anlegerschützer, die als geladene Redner zugelassen waren, gingen auf der Hauptversammlung mit der Führung des krisengeschüttelten Konzerns hart ins Gericht.

"Das Unternehmen schlittert von einer Affäre in die nächste", sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Donnerstag vor rund 12.000 Aktionären in München. Der Schmiergeldskandal sei ein Armutszeugnis für die Kontrollsysteme des Unternehmens.

Zudem habe die Führung zu langsam auf die Vorfälle reagiert und die Öffentlichkeit über das wahre Ausmaß der Affäre lange im Dunkeln gelassen. Die DSW und andere Kleinaktionärsvertreter lehnten daher eine Entlastung der Konzernführung ab. Mit der Abstimmung über die Entlastung, die vor allem symbolische Bedeutung hat, wurde bei einer langen Rednerliste erst für den Abend gerechnet.

"Konzern zu komplex aufgestellt"

Es sei überraschend, dass das Verschwinden von 200 bis 420 Millionen Euro in schwarze Kassen in den vergangenen Jahren nicht aufgefallen sei, sagte Henning Gebhardt von der größten deutschen Fondsgesellschaft DWS. Offenbar sei Siemens zu komplex aufgestellt. "Ein Konzern von dieser Größe ist extrem schwierig zu prüfen und zu kontrollieren."

Auch Hans-Christof Hirt vom britischen Fondsmanager Hermes sagte, er sehe sich derzeit nicht in der Lage, Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung auszusprechen. Man müsse die Ergebnisse der Ermittlungen abwarten.

Beifall für das operative Geschäft

"Vorstand und Aufsichtsrat haben die Schmiergeldaffäre aber zumindest nicht verhindert und die Aufklärung spät eingeleitet." In der Kritik stand auch die 30-Prozent-Gehaltserhöhung für den Vorstand.

"Die Leitung kann nicht von Arbeitnehmern Opfer verlangen und sich selbst eine Gehaltserhöhung genehmigen", sagte Aktionärsschützerin Bergdolt. Für die Entwicklung des operativen Geschäfts gab es dagegen auch Beifall.

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