Siemens-Affäre erreicht Chefetage:Finanzchef Kaeser wird schwer belastet

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Zwei Beschuldigte in der Siemens-Korruptionsaffäre behaupten, dass Kaeser schon seit Jahren von illegalen Zahlungen Kenntnis hatte. Siemens dementiert.

Der aktuelle Finanzvorstand von Siemens, Joe Kaeser sieht sich einem Zeitungsbericht zufolge mit schweren Anschuldigungen konfrontiert.

Joe Kaeser folgte Hans-Joachim Neubürger als Finanzchef bei Siemens nach, nachdem dieser seine Stelle mit 1. Mai 2006 niederlegte. (Foto: Foto: dpa)

Wie das Wall Street Journal Europe berichtet, sollen zwei Hauptverdächtige im Korruptionsskandal ausgesagt haben, dass CFO Joe Kaeser bereits seit Jahren von illegalen Zahlungen Kenntnis hatte. Diese Zahlungen seien getätigt worden, um Telekommunikations-Ausschreibungen in Übersee für Siemens zu gewinnen, so die Zeitung.

Vorwürfe gegen T-Systems - Chef

Ein Verdächtiger habe auch zwei andere führende Siemens-Mitarbeiter beschuldigt, berichtet die Zeitung weiter: Rudi Lamprecht, Mitglied des Siemens-Vorstandes und Lothar Pauly, ehemaliger Vorstand der Com-Abteilung und mittlerweile T-Systems Chef bei der Telekom, sollen zumindest seit Anfang 2005 von den illegalen Zahlungen gewusst haben.

Laut Zeitung stammen die Anschuldigungen von den früheren Siemens-Managern Michael Kutschenreuter und Reinhard Siekaczek. Beide wurden nach Auffliegen des Skandals vorübergehend festgenommen.

Siemens dementiert

Bei Siemens wies man die Anschuldigungen zurück. Die Vorstände Kaeser und Pauly hätten zu keinem Zeitpunkt von den Bestechungen gewusst, so ein Sprecher zum Wall Street Journal. Auch habe die Staatsanwaltschaft München nicht versucht, Kontakt mit den Herren aufzunehmen.

Als Reaktion auf den Bericht teilte der Siemens-Konzern in einer eilig veröffentlichten Erklärung mit, Kaeser weise die "verleumderischen Beschuldigungen mit aller Entschiedenheit zurück".

Die Anschuldigungen kommen zu einem sensiblen Zeitpunkt. Für Donnerstag ist die Siemens-Hauptversammlung anberaumt. Schon im Vorfeld drohten diverse Anlegerverbände, den Vorstand aufgrund der Korruptions-Affäre nicht zu entlasten. Auch die BenQ-Pleite liegt vielen Aktionären noch schwer im Magen.

Entlastung des Vorstandes gefährdet

Scharfe Kritik an der Konzernspitze kam vom Verein der Siemens-Belegschaftsaktionäre, der etwa 5.000 Mitglieder vertritt. "Nur wer einen guten Job macht, soll auch entlastet werden", sagte der Vorsitzende des Vereins, Manfred Meiler, dem Tagesspiegel. Dies gelte jedoch nicht für Kleinfeld, Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer, Finanzchef Joe Kaeser, Vorstandsmitglied Rudi Lamprecht sowie den Siemens-Aufsichtsrat und Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann.

Kleinfeld trage die Verantwortung für die Schmiergeld-Affäre und die Pleite der ehemaligen Siemens-Handysparte. Auch Kaeser und Lamprecht hätten in ihrer Verantwortung für die Handysparte versagt. Von Pierer und Ackermann werfen die Belegschaftsaktionäre vor, die 30-prozentige Gehaltserhöhung des Siemens-Vorstands zur Unzeit durchgedrückt zu haben. Pierer habe außerdem in der Korruptionsaffäre "nicht zeitnah gehandelt."

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