(SZ vom 29.10.03) - "Yukos fällt den Amerikanern zu", schrieb die Zeitung Kommersant. Die Tageszeitung erklärte, weshalb Russlands größter Ölkonzern Yukos nun vor allem von Managern mit US-Pässen geführt wird und nannte dies "SOS-Management". Nach der Inhaftierung von Yukos-Chef Chodorkowskij werden die wichtigsten Positionen von den US-Managern gehalten.
Offenbar hat Chodorkowskij, der seit Juli im Konflikt mit dem Kreml liegt, mit seiner Verhaftung gerechnet. Amerikaner sind weniger angreifbar - ihnen wird "bisher nichts vorgeworfen", urteilte der Kommersant.
Staatsanwalt bräuchte wasserdichte Vorwürfe
Es wäre für die russische Generalstaatsanwaltschaft schwer möglich, US-Manager einfach hinter Gitter zu sperren, wie sie es mit dem Yukos-Chef und reichsten Mann Russlands getan hat: Washington dürfte massiven Druck auf den Kreml ausüben, wenn die Vorwürfe nicht wirklich wasserdicht wären und die Staatsanwälte bei ihren Ermittlungen selbst das Recht brechen würden.
An der Yukos-Spitze vertritt nun der Amerikaner Steven Theede den in U-Haft sitzenden Chodorkowskij. Der SOS-Vorstandschef und Yukos-Vize-Präsident Theede kontrolliert außerdem wichtige Yukos-Töchter.
Der Manager, der vorher bei der US-Ölgesellschaft ConocoPhillips war, muss in der Krise einen Konzern steuern, dessen zwei wichtigste Manager hinter Gittern sitzen - nicht nur Chodorkowskij, sondern auch sein "Finanzgenie" Platon Lebedjew, der Chef der Yukos-Mutter Menatep ist.
Verhandlungen mit Exxon und Chevron liegen auf Eis
Die unter anderem wohl auch als politische Absicherung gegen Attacken des Staates geführten Verhandlungen mit den US-Ölkonzernen Exxon und Chevron über einen Einstieg bei Yukos liegen vorerst auf Eis, wie die Financial Times berichtete.
Bei Yukos sind im Zuge des Krisenmanagements neben Theede weitere US-Manager in den Vordergrund gerückt. Der dem Direktorenrat, einer Art Aufsichtsrat, vorstehende Simon Kukes wird sich laut Dow Jones aktiver ins Tagesgeschäft einschalten, Finanzchef Bruce Misamore hat ebenfalls einen US-Pass.
Flucht in Oberhaus
Außerdem hat ein weiterer führender Yukos-Manager, der Russe Walerij Schachnowskij, in Sibirien SOS-Management in eigener Sache betrieben. Er hat auf die Schnelle politische Immunität gewonnen: Schachnowskij wurde von der von Moskau weit entfernten Ölregion Ewenkijen ins russische Oberhaus gewählt.
Diese Wahl muss allerdings noch vom Oberhaus bestätigt werden. Da gegen ihn wegen millionenfachen Steuerbetrugs ermittelt wird und es in Moskau vom Kreml bis ins Oberhausgebäude nicht allzu weit ist, scheint diese Bestätigung der Immunität des russischen Yukos-Managers alles andere als sicher.