Sicherheit und Risiko:Wenn der Urlaub zum Albtraum wird

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Die Gefahr von Anschlägen ist weltweit gestiegen, Terrorismus macht auch vor Ferienparadiesen nicht mehr Halt. Beim Thema Haftung für Terrorrisiken am Urlaubsort kommt den Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes eine besondere Bedeutung zu.

Von Von Sibylle Haas und und Daniela Kuhr

Der Terror hat die Urlauber aus dem Paradies vertrieben. Attentate auf Bali, Bomben in Casablanca, das Massaker am Hatschepsut-Tempel in Ägypten, Entführungen im Jemen und natürlich auch der Anschlag auf die Synagoge auf der tunesischen Ferieninsel Djerba - dies alles hat die Menschen wach gerüttelt und ihnen gezeigt, dass es die absolute Sicherheit nicht geben kann.

Der Anschlag auf die Synagoge auf der tunesischen Ferieninsel Djerba erschütterte das Sicherheitsgefühl vieler Touristen. (Foto: Foto: AP)

Auch das vermeintlich schützende Dach eines professionellen Reiseanbieters, der bunte Ferienwelten in die entferntesten Länder pflanzt, kann den Terror nicht verhindern. Terrorismus kennt keine Grenzen, er ist global.

Das ist den Menschen spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in Amerika klar, und die Attentate auf Züge in Madrid haben dies in diesem Jahr ein weiteres Mal ins Bewusstsein gerückt.

"Solche Terrorakte können morgen in Hannover oder in Frankfurt geschehen", hatte Tourismusforscher Karl Born nach der Explosion auf Djerba im April 2002 gesagt.

Derzeit klagt eine Familie auf Schmerzensgeld, deren Sohn bei dem Anschlag schwer verletzt wurde. Die Familie wirft dem Touristikkonzern TUI vor, er habe seine Kunden damals nicht vor einer konkreten Anschlagsgefahr auf Djerba gewarnt.

Amtliche Reisewarnung

Der Tourismus hängt mehr als viele andere Branchen an den Vorgaben der Politik. Das Auswärtge Amt ist für die Reiseveranstalter besonders wichtig, weil seine Reisehinweise über die Sicherheitslage im Ausland informieren.

Neben speziellen Länderinfos gibt es seit einiger Zeit einen weltweiten Hinweis. Darin heißt es: "Die weltweite Gefahr terroristischer Anschläge besteht fort. Als vorrangige Ziele müssen weiterhin Orte mit Symbolcharakter gelten. Dazu zählen religiöse Versammlungsstätten, Regierungsgebäude, Verkehrsinfrastrukturen (einschließlich Luft- und Seeverkehr), Wirtschafts- und Tourismuszentren sowie Orte mit großen Menschenansammlungen.

Besonders hoch ist die Gefahr von Anschlägen im Nahen und Mittleren Osten und in Afghanistan. ... Eine Gefährdung ist jedoch auch anderswo nicht auszuschließen, etwa in den USA, Russland oder den Mitgliedstaaten der Europäischen Union."

Konkrete Reisewarnungen für bestimmte Länder

Manchmal warnt das Auswärtige Amt ausdrücklich vor Reisen in bestimmte Länder. Derzeit gibt es Reisewarnungen für den Irak, die Demokratische Republik Kongo, Somalia, Afghanistan, Haiti und die Zentralafrikanische Rebulik. Zum Zeitpunkt des Attentats auf Djerba hatte es keine Reisewarnung für Tunesien gegeben.

Im Fall eines Terroranschlags im Urlaub kommen vor allem zwei Argumentationen in Betracht, um den Reiseveranstalter haftbar zu machen: Der Veranstalter habe seine Pflicht verletzt, die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen — oder er sei seinen Informationspflichten nicht nachgekommen.

Die Pflichten eines Reiseveranstalters sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt (Paragrafen 651a bis m). Dort steht zum Beispiel, dass der Veranstalter für Mängel aufkommen muss, die er zu vertreten hat.

Sollte er also zum Beispiel fahrlässig ein Hotel in einer bekanntermaßen besonders gefährlichen Gegend ausgesucht haben, müsste er wohl den Schaden ersetzen.

Zu den Informationspflichten dagegen finden sich keine Bestimmungen im BGB. Diese stehen stattdessen in der BGB-Informations-Verordnung.

Dort ist zum Beispiel detailliert geregelt, welche Angaben ein vom Reiseveranstalter herausgegebener Prospekt enthalten muss: etwa Informationen über Pass- und Visumserfordernisse oder über gesundheitliche Formalitäten.

Allgemeiner Grundsatz von Treu und Glauben

Von der Pflicht, über Terrorgefahren zu informieren, steht dort nichts. Sie ist auch sonst nirgends ausdrücklich geregelt. In so einem Fall, wo eine gesetzliche Vorschrift fehlt, berufen sich Geschädigte meist auf die Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten.

Mit anderen Worten: Verfügt der Vertragspartner über Informationen, die für den Kunden erkennbar von Bedeutung sind, muss er sie ihm mitteilen. Auch wenn diese Pflicht nicht ausdrücklich im Vertrag steht, ergibt sie sich doch aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben.

Urlauber müssten also beweisen, dass der Veranstalter Informationen besaß, die auf eine erhöhte Gefahr hinwiesen. Das wird jedoch schwierig, wenn - wie im Fall von Djerba — nicht mal das Auswärtige Amt vor der Region gewarnt hat. Die Behörde schrieb damals stattdessen, dass es "derzeit keine Hinweise auf eine besondere Gefährdung" gebe.

© SZ vom 4.9.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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