Serie:Runter und rauf

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(Foto: N/A)

Wenn die Kurse an der Börse Achterbahn fahren, sollten Anleger lieber gelassen bleiben.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Der Aktienmarkt fühlt sich manchmal ein wenig so an wie in einem der großen deutschen Vergnügungsparks mit ihren atemberaubenden Achterbahnen. Wenn es wild rauf und runter geht, die Preise stark schwanken, dann kommt die Achterbahnfahrt als Sinnbild zum Einsatz, in Börsenberichten etwa oder in Büchern über Geldanlage. Man zahlt, man steigt ein, nach einem steilen Anstieg kommt der freie Fall, der Körper schüttet Adrenalin und Glückshormone aus, und nicht wenigen wird während der Fahrt schlecht. Unterwegs auszusteigen ist gefährlich. Man bleibt also bis zum Schluss sitzen, und wenn man aussteigt, ist man idealerweise zufrieden.

Statistisch gesehen ist man dann am Aktienmarkt um einen ordentlichen Geldbetrag reicher, wenn die Achterbahnfahrt nur lange genug dauert. So wie der größte deutschsprachige Börsenphilosoph André Kostolany empfahl, Anleger sollten ihr Geld in Aktien stecken und sich dann lange schlafen legen, könnte man sagen: Wer die Augen während der Fahrt geschlossen hält und ruhig bleibt, während alle anderen durchgeschüttelt werden, der verträgt das Auf und Ab der Achterbahn am besten. In der Vergangenheit brachte ein breit gestreutes Aktienportfolio langfristig Renditen jenseits der sechs Prozent pro Jahr ein, allen Krisen und Kurskapriolen zum Trotz.

Das Bild von der Achterbahn spiegelt auch die Preisfindung an der Börse wider. Die hängt ab von allen Informationen, über die Anleger verfügen, und anhand derer sie sich ein Urteil bilden über den Preis von Wertpapieren. Weil sich nie alle auf einmal einig sind, wird ständig nach dem gerade richtigen Preis gesucht. So entstehen die Kurven auf der Kurstafel an der Börse: Mal geht es hinauf, mal geht es abwärts. Bisweilen, wie etwa zur Zeit des Neuen Marktes, geht es auch ganz lange nur nach oben, bevor ein schneller Absturz folgt. So sehen Kursverläufe rückblickend aus wie der Beginn einer Achterbahnfahrt: Die Waggons werden in steilem Winkel nach oben befördert, es ist ruhig, und erst allmählich steigt die Spannung. Oben angekommen, gibt es diesen kurzen Moment, in dem alle merken, dass es gleich nach unten gehen wird. Und schon rauschen alle gemeinsam in die Tiefe.

Ein Überblick im Netz offenbart derzeit eine Vielzahl an Achterbahnen, die Anleger zur Auswahl haben, so wie in Vergnügungsparks jedes Jahr neue Attraktionen entstehen. Die Brexit-Achterbahn lädt noch immer ein, in Sachen US-Wahl stehen Waggons bereit, Aktionäre von Thyssenkrupp oder Wirecard werden verlässlich durchgeschüttelt. Und auch am Rohstoffmarkt dürfte ein wilder Ritt bevorstehen.

Am Mittwoch, 8. Januar, erscheint der nächste Teil, Thema: Kopf-Schulter-Formation.

© SZ vom 07.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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