Seltene Eintracht:Regierung und Union fordern Rücktritt Weltekes

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Obwohl er sein Amt ruhen lässt, kann Ernst Welteke kaum durchatmen. Dass der SPD-Mann von der Union attackiert wird, gehört zum Geschäft. Aber auch das eigene Lager drängt auf Rücktritt.

Nach der Hotelkostenaffäre müsse der Sozialdemokrat rasch die notwendigen Konsequenzen ziehen, erklärte Finanzsprecher Jörg Müller am Donnerstag in Berlin.

Geht es nach Hans Eichel, dann trennt sich jetzt der Weg zwischen ihm und Ernst Welteke. (Foto: Foto: AP)

Nach achtstündiger Krisensitzung hatte der Vorstand der Bundesbank am Mittwochabend mitgeteilt, dass Welteke sein Amt nur ruhen lasse.

Die Bild-Zeitung berichtete unterdessen von weiteren Einladungen, die Welteke angenommen haben soll.

Wiener Walzer

Der Zeitung zufolge soll Welteke mehrmals zu Reisen zum Wiener Opernball eingeladen worden sein. Der Bundesbankchef sei auch im Februar 2002 auf Einladung einer großen deutschen Geschäftsbank bei dem Galaball in der Staatsoper zu Gast gewesen. Den Aufenthalt dort habe er deutlich verlängert, bezahlt habe die Bank.

Bereits am Mittwoch hatte die österreichische Nationalbank bestätigt, dass Welteke auf ihre Einladung hin am Wiener Opernball am 2. März 2000 teilgenommen hat. Die Bank habe die Kosten für den Aufenthalt des Ehepaars von Donnerstag bis zur Abreise am Sonntag übernommen.

In Berlin wurden die Rücktrittsforderungen lauter: Um die Unabhängigkeit der deutschen Zentralbank zu untermauern, müssten ihre Repräsentanten in ganz besonderem Maße in ihrem Verhalten unangreifbar und untadelig sein, erklärte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums.

"Aus Sicht der Bundesregierung ist es daher unumgänglich, im konkreten Fall zu einer schnellen und eindeutigen Haltung zu kommen", sagte Müller.

"Nicht auf Zeit spielen"

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer erklärte, die Vorgänge hätten der über Jahrzehnte gewachsenen Reputation der Bundesbank größten Schaden zugefügt. "Deshalb muss Herr Welteke umgehend die nötigen Konsequenzen ziehen und darf nicht weiter auf Zeit spielen."

Auch CSU-Landesgruppenchef Michael Glos hält Welteke nicht länger für tragbar und hat einen Nachfolger aus den Reihen des Vorstands der Notenbank gefordert.

Streit zwischen Regierung und Bundesbank Die Finanzexpertin der Grünen, Christine Scheel, forderte den ebenfalls Weltekes Rücktritt. Es reiche nicht, das Amt nur ruhen zu lassen, sagte sie im Bayerischen Rundfunk. "Es hätte eine klare Entscheidung geben sollen."

"Machtpolitische Gründe"

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Hermann Otto Solms, warf der Bundesregierung vor, sie betreibe aus machtpolitischen Gründen Weltekes Rücktritt. Sie wolle nicht auf das Ende seiner regulären Amtszeit 2007 warten, um selbst noch einen Nachfolger bestimmen zu können, der dann für volle acht Jahre Bundesbankpräsident sei, sagte Solms im Inforadio. Deshalb versuche die Regierung "in einer Entschlossenheit, die man sonst von ihr nicht kennt, einen alten Parteifreund abzuhalftern".

Am Dienstag hatte die Frankfurter Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den obersten deutschen Geldpolitiker wegen des Anfangsverdachts der Vorteilsannahme eingeleitet. Hintergrund ist die so genannte Hotelkostenaffäre zum Jahreswechsel 2001/2002.

Welteke und seine Familie übernachteten damals mehrere Tage im Berliner Luxushotel "Adlon" - auf Kosten der Dresdner Bank. Die Ausgaben der Privatbank wurden mit 7.661,20 Euro beziffert. Welteke bestritt die angenommene Einladung nicht.

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