Selbstversuch:Paketversand für Fortgeschrittene

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Überall sprießen sie aus dem Boden: Vollautomatische Postboten — die neuen Packstationen der Posttochter DHL. Hier sollen Kunden rund um die Uhr Pakete aufgeben oder abholen können. Wir haben es probiert.

Von Petra Blum

Mit meinem Päckchen unter dem Arm stehe ich vor einem dieser grau-gelben Klötze, mitten in München, und starre auf den kleinen Bildschirm.

Suche nach der Goldcard

Obwohl ich vorsorglich Absender- und Empfängeradresse auf meinen Karton geklebt habe, mag der Automat mein Päckchen nicht annehmen, geschweige denn verschicken: Auf dem interaktiven Bildschirm fordert mich die Packstation auf, zuerst eine "Goldcard" einzuführen. Was ist diese Goldcard? Ich bin ratlos und gehe unverrichteter Dinge davon.

Das Internet hilft mir weiter, aber nur unwillig. Erst nach mühsamer Suche auf der DHL-Homepage finde ich schließlich die gewünschte Information.

Ganz so spontan, wie die Werbesprüche andeuten, funktioniert das Versenden per Automat eben doch nicht. Ich müsse erst ein Online-Formular ausfüllen, dann werde mir ein Begrüßungsset zugeschickt, heißt es auf der Seite.

Paketversand für Fortgeschrittene. Die mit Slogans gespickte, holprige Anweisung liest sich so, als würde man ein Zeitschriftenabonnement abschließen in der Hoffnung, den Staubsauger oder die Kaffeemaschine hinzu zu bekommen.

Nach reiflicher Überlegung gebe ich dem Online-Formular meine Mobilnummer und meine Email-Adresse preis. Die Antwort kommt prompt: Zwei Minuten nachdem ich "Abschicken" gedrückt habe, werde ich mit Meldungen bombardiert.

Eine Email und zwei SMS begrüßen mich als neuen Kunden. Einmal mehr fühle ich mich, als hätte ich gerade ein unliebsames Abonnement unterschrieben.

Die Anleitung kommt

Weder Mail noch SMS sind besonders informativ, ich werde lediglich auf mein Einsteiger-Set vertröstet. Aber dann: Die Anleitung zum Paketversand liegt tatsächlich drei Tage später im Briefkasten.

Mehrere Infobroschüren und eine Din-A-4-Seite Kleingedrucktes machen mich darauf aufmerksam, dass ich einen Kaufvertrag abgeschlossen habe. Auf dem Anschreiben prangt die "Goldcard": Jetzt kann es losgehen mit dem Verschicken.

Mit drei DHL-Faltblättern voller Anweisungen, meinem Paket und zweierlei Plastikkarten mache ich mich auf den Weg zur nächsten Packstation. Nachdem ich dem Automaten wie gewünscht die Karte gefüttert habe, will er meine Pinnummer wissen.

Ich finde eine vierstellige Zahl auf dem Anschreiben der DHL. Auf dem Bildschirm soll ich die Versendeart bestimmen. Ich tippe alle Möglichkeiten durch und bleibe im Menü "Freeway" hängen: Hier kann ich Absender- und Empfänger-Adresse eingeben.

Ich klicke mich weiter durch die recht simplen Menüs. Nachdem ich die Adresse eingegeben und mich für eine Gewichtsklasse entschieden habe, wird mir auf dem Bildschirm der Preis angezeigt. Die Bezahlung erfolgt per EC-Karte, die Packstation druckt eine Paketmarke aus.

Der Trick mit dem Scanner

Erleichtert, dass meine notorisch unleserliche Handschrift jetzt durch einen Computerausdruck ersetzt wird, klebe ich die Marke auf meinen Karton - aber was jetzt? Ich zücke das Faltblatt mit der Gebrauchsanweisung und lese nach, dass die Paketmarke jetzt gescannt werden muss.

Auf der nebenstehenden Abbildung ist tatsächlich eine Kundin zu sehen, die ihr Paket unter den Scanner der Packstation hält. Eine bemerkenswert praktische Anweisung, denn hätte man den Aufkleber nicht zuerst auf dem Karton befestigt, müsste man nicht das ganze Päckchen unter den Scanner hieven.

Ich bemühe mich also, mein nicht leichtes Paket solange an dem Scanner vorbeizuführen, bis dieser endlich den Strichcode aufgenommen hat. Nachdem ich das bewältigt habe, werden mir zwei Belege ausgedruckt, die die Zahlung bestätigen.

Ich habe immer noch meine Sendung unter dem Arm und frage mich allmählich, wie ich den Karton nun in das Innere der Packstation bekommen soll. Nach minutenlangem Warten erscheint auf dem Bildschirm eine Auswahl an Paketgrößen.

Ich entscheide mich vorsichtshalber für die Übergröße und prompt öffnet sich eines der Schließfächer. Trotz leichter Bedenken vertraue ich der Packstation mein Paket an und schließe die Tür des Fachs, ganz fest.

Der Empfänger meines Päckchens wartet mehrere Tage vergeblich auf die Sendung. Am sechsten Tag schließlich kommt sie an. Warum es so lange gedauert habe? "Ihr Paket war eine Weile unterwegs", sagt der Postbote ein wenig entschuldigend. "Ich kann ihnen auch nicht sagen wo es die ganze Zeit war."

Skeptisch betrachte ich die neue Plastikkarte, die mein Portemonnaie noch ein wenig dicker macht und die auf der Faltblatt-Gebrauchsanweisung notierte, zusätzliche Pinnummer, die ich mir merken muss.

Aber vielleicht gehe ich mit dem nächsten Paket auch einfach wieder in eine Postfiliale.

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