Selbstversuch:"Einen Royal TS und einmal München-Berlin bitte!"

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Der Fastfood-Riese McDonald's hat sein Angebot erweitert: Zu Pommes, Cola oder fritierten Hähnchenflügeln kann man sich jetzt auch Zugfahrkarten zum Sonderpreis bestellen.

Silke Lode

Die Deutsche Bahn macht mobil. Das habe ich erst an diesem Wochenende wieder bemerkt, als ich Stunde um Stunde wegen umgestürzten Bäumen in völlig überheizten Großraumabteilen verbrachte.

In McDonald's-Filialen werden neben Hamburgern, Pommes und Cola auch Tickets der Deutschen Bahn verkauft. (Foto: Foto: dpa)

Und jetzt hat sich der Personenbeförderer Nr. 1 mit dem Fastfood-Giganten McDonald's zu einem seltsamen Bund zusammengeschlossen.

Nein, die wenigen verbleibenden Speisewagen werden noch nicht von den "Golden Arches" geziert, die faden Bahnsandwiches nicht durch flaue Hamburger-Brötchen ersetzt.

Das gemeinsame Projekt sieht anders aus: Seit 6. März kann man sich zu Fritten und Royal TS vier Mal "München-Berlin" dazubestellen. Für 99 Euro. Ich liebe es. Oder war da nicht doch noch ein Haken?

Ein Selbstversuch muss her

Die Aktion schreit nach einem Selbstversuch. Immerhin sollen eine Million Tickets verkauft werden, und man will ja mitreden, bei solchen Massenereignissen. Oder zumindest günstig quer durch Deutschland fahren.

Ich erinnere mich noch genau: Vor einem Jahr gab es schon einmal diese Schnäppchenfahrkarten. Geiz ist geil, habe ich vom Elektrohandel gelernt, und stürmte mit den Massen zu Lidl. Ohne Erfolg - in meiner Filiale war längst alles ausverkauft.

Dieses Mal bereitete ich mich besser vor, man lernt ja aus seinen Fehlern. Gute Chancen erhoffte ich mir, weil keine großen Werbekampagnen liefen und die Aktion erst vor wenigen Tagen angekündigt wurde. Eigentlich waren mir nicht einmal die Konditionen klar. Aber für 99 Euro vier Mal durch Deutschland - das konnte doch nicht so schlecht sein.

Stöbern im Presseportal der Deutschen Bahn. Erste Zweifel. "Der Kunde kann die Fahrkarte selber nutzen oder aber bis zu drei Reisende mitnehmen", heißt es da kryptisch.

Auf der Suche nach dem Haken

Mein Misstrauen erwacht. Ich erinnere mich plötzlich daran, dass man Fahrkarten inzwischen nur noch gegen 15 Euro "Gebühren" zurückgeben kann. Und wehe, man hat sie im Internet gekauft oder Sonderangebote gebucht, dann wird es noch schwieriger. Mitfahrer kann man auf der BahnCard auch nicht mehr mitnehmen, und überhaupt hat der gefühlte Ärger mit der Bahn einfach stetig zugenommen.

Und tatsächlich: Telefongespräche und Kleingedrucktes enthüllen, dass die Konditionen im Vergleich zur letzten Aktion deutlich strenger sind: keine Weitergabe des Tickets, keine Fahrten an Freitagen oder Sonntagen und schon in drei Monaten verfallen die ungenutzten Fahrten. Ob sich das wirklich lohnt?

In meinem Kopf schiebe ich Urlaubstage und freie Wochenenden auf dem imaginären Organizer hin und her. Dann der Beschluss: Ich wage den Versuch. Ob ich wohl vor McDonald's campieren muss?

Die Schneemassen nehmen mir die Entscheidung ab, obwohl so ein kuscheliges Iglu vor der goldenen Pforte auch romantisch gewesen wäre.

Überrascht komme ich in der Filiale meines Vertrauens an. Keine Schlange, keine Werbebanner an den Glasscheiben. Drinnen sitzen ein paar Gäste, essen Fritten und Burger, von Reisefieber und Schnäppchenfreude keine Spur. Habe ich mich etwa im Tag vertan?

Verstört wende ich mich an die Verkäuferin. Bevor ich viel sagen kann, stehen schon 99 Euro auf meiner Rechnung. So schnell ging das bei der Bahn nie. Aber halt, ich hatte doch noch Fragen. Jetzt wollen wir doch mal sehen, dachte ich.

Von Mehdorn lernen...

Aber die Burger-Dame entkräftet alle mein Vorurteile. Lückenlos klärt sie mich über alle Einschränkungen auf, ihre drei Sätze sagen mehr als die zweiseitige Pressemeldung der Bahn. Vielleicht sollte die Bahn ihre Zusammenarbeit mit Fastfood-Restaurants dauerhaft ausbauen, immerhin weiß man dort, was schneller Service ist.

Ich frage nach Zahlen. Wie viele Tickets sind schon weg? Wie lange gibt es noch welche? Doch hier stoße ich auf Granit. "Keine Auskunft", sagt der Manager. Das müssen hochbrisante Fragen sein. Der hat wohl doch was von Mehdorn gelernt.

An der Tür treffe ich glückliche Käufer. Sie tröpfeln zwar nicht in Massen, aber stetig ein. Kaum jemand bleibt länger als zwei Minuten. Das Geschäft mit den Fahrkarten geht gut, ohne Hysterie.

Ich bin fast ein bisschen enttäuscht. Vor allem, weil niemand diese fantastische Kombination bestellt - einen Royal TS und einmal München-Berlin. Mc-Burger und Bahn-Bürger haben offenbar Berührungsängste. Schade, so ein Drive-In für Züge - das wäre doch mal wirklich eine neue Idee gewesen.

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