Schweizer Uhrenindustrie:Das Ende einer bizarren Fehde

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Der Uhrmacher Franck Muller arbeitet wieder mit seinem einstigen Erzfeind zusammen.

Von Thomas Kirchner

Nach allem, was passiert ist zwischen Franck Muller und Vartan Sirmakes, erschien es unmöglich, dass sie sich jemals versöhnen könnten.

Eine Franck Muller Conquistador Uhr im Wert von 294.000 Dollar. (Foto: Foto: AP)

Zu tief hatten sie sich verbissen ineinander. Andererseits blieb ihnen kaum anderes übrig, wenn sie sich nicht gegenseitig ruinieren wollten. So sind sie nun doch über ihren Schatten gesprungen: Der geniale Genfer Uhrmacher Muller, Showstar seiner Branche, und sein ehemaliger Kompagnon, ein gebürtiger Armenier, haben ihren Streit per Kommuniqué für beigelegt erklärt.

Sie arbeiten wieder zusammen. Es ist das Ende einer erbitterten Fehde, eines bizarren Skandals, der die feine Welt der Schweizer Uhrenindustrie erschütterte.

Mullers Zeitmesser sind extravagant und teuer. Mindestens 6000, eher 60.000 oder 600.000 Franken kostet ein Exemplar, sofort erkennbar durch die gebogene längliche Form und die übergroßen Jugendstil-Ziffern.

Außen prangen oft Juwelen, drinnen steckt Mechanik am Rande des Machbaren, nicht zu Unrecht nennt sich Muller "master of complications". David Beckham trägt Franck Muller, Paris Hilton, Arnold Schwarzenegger, auch Elton John, der für Muller das Lied "Harmony" komponierte.

Unter ehrwürdigen Konkurrenten wie Rolex, Chopard oder Patek Philippe ist der 46 Jahre alte Genfer ein Emporkömmling, ein Wunderkind.

Schlacht mit Klageflut

Nach wirren Jugendjahren entdeckte er sein wahres Talent, nachdem ihn ein Uhrenfan aufgefordert hatte, die komplizierteste Armbanduhr der Welt zu bauen.

1991 schließlich tat er sich mit dem Juwelier Sirmakes zusammen, und innerhalb nur eines Jahrzehnts gelang es ihnen, zu den großen Schweizer Horlogerien aufzuschließen.

50.000 Uhren verkauft Franck Muller jährlich, macht 380 Millionen Franken Umsatz, die 500 Angestellten kommen kaum nach mit den Lieferungen.

Dann der Bruch im Mai 2003: Muller verschwindet aus "Watchland", dem herrschaftlichen Anwesen in einem Genfer Vorort, das er zwei Jahre zuvor als Fabrik und Firmensitz gemietet hatte.

Monate später nennt er Journalisten die Gründe. Sirmakes, dem 50 Prozent gehören, habe ihn hereingelegt, habe mit Hilfe von Armeniern eine Schwarzproduktion organisiert, bei der Franck-Muller-Uhren zweimal mit derselben Seriennummer hergestellt worden seien.

Er, Muller, habe nichts mehr zu sagen im eigenen Unternehmen. Der Uhrmacher reicht eine Klage wegen ungetreuer Geschäftsführung ein, fordert die Auflösung der Firma und 200 Millionen Franken Schadenersatz.

Sirmakes kontert, indem er Muller auf Verleumdung verklagt, an seiner Zurechnungsfähigkeit zweifelt und ebenfalls Schadenersatz fordert. Diese ersten Kämpfe wachsen sich zur Schlacht mit einer Flut von Klagen aus, am Ende präsentiert Muller den Firmenmanagern Zahlungsbefehle in Höhe von einer Milliarde Franken.

Treffen der Streithähne

Die Medien stürzen sich auf die Affäre, deren genaue Hintergründe noch unklar sind.

Irgendwann scheinen Mullers Angehörige gemerkt zu haben, dass der Wütende sich bis zur psychischen Erschöpfung verrannt hat in der Geschichte.

Sie dringen auf Verhandlungen, und nachdem Muller seinen Anwalt durch einen sanftmütigeren Kollegen ausgewechselt hat, treffen sich die Streithähne an Ostern 2004 in einem Genfer Hotel. Noch einmal sechs Monate vergehen bis zum jetzigen Kommuniqué.

Die Harmonie, die es ausdrückt, klingt indes recht unglaubwürdig. Sirmakes ist demnach klarer Punktsieger. Franck Muller ziehe alle Vorwürfe gegen ihn zurück, heißt es, sie seien unbegründet.

Er wisse Sirmakes' Loyalität zu schätzen und danke ihm für die "hervorragende Geschäftsführung". Sirmakes wiederum lobt Mullers "Qualitäten als Uhrmacher und Entwickler".

Muller werde künftig als Berater und Entwickler in der Firma tätig sein. Deren Umsatzzahlen hat der Krach angeblich nicht geschadet.

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