Schwan-Stabilo:Bunte Aussichten

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Ausmalen in angesagt: Viele Erwachsene beschäftigen sich damit, um Stress abzubauen und sich vom Alltag zu erholen - davon profitiert Stabilo. (Foto: oh)

Die Firma Schwan-Stabilo profitiert vom Trend zum Ausmalen auf Papier und im Gesicht.

Von Uwe Ritzer, Heroldsberg

Auf der Liste der meistgeklauten Bücher waren bei der Frankfurter Buchmesse vor einem Jahr solche zum Ausmalen ganz vorne mit dabei. Für die einen ist die Kolorierung vorgegebener Muster ein probates Mittel zum Stressabbau und zur Entschleunigung; Kritiker sehen in ihnen einen der absurdesten Trends der vergangenen Jahre. Für Stiftehersteller wie Schwan-Stabilo sind Malbücher für Erwachsene vor allem ein gutes Geschäft, vorausgesetzt natürlich, sie werden nicht gestohlen, sondern gekauft.

Die Nachfrage ebbe zwar im einen oder anderen Land wie Frankreich bereits ab, doch insgesamt werde der Trend noch einige Zeit anhalten, glaubt Sebastian Schwanhäußer, geschäftsführender Gesellschafter des fränkischen Familienunternehmens. "Ausmalbücher folgen einem übergeordneten Trend", sagt er. In einer Welt voller Computertastaturen, auf denen sie den ganzen Tag nur mit den Fingern herumtippen, möchten viele Menschen auch mit ihren Händen etwas Kreatives und Sichtbares schaffen. "Die einen arbeiten im Garten, andere basteln und wieder andere malen eben aus", sagt Schwanhäußer. Drei Malbücher samt Stiften hat das Familienunternehmen bereits auf den Markt gebracht und 70 000 solcher Sets verkauft. Zwei weitere erscheinen demnächst. "In Deutschland ist Ausmalen noch ein sehr präsentes Thema", sagt Schwanhäußer.

Der Trend half kräftig dabei mit, den Umsatz der Schreibgerätesparte des fränkischen Familienunternehmens um zehn Prozent nach oben zu treiben. Für 185,2 Millionen Euro verkaufte die Schwan-Gruppe im am 30. Juni zu Ende gegangenen Geschäftsjahr Schreib- und Malgeräte. Doch obwohl die Firma ihren Stabilo-Stiften ihre Bekanntheit verdankt, ist eine andere Unternehmenssparte vom Umsatz her inzwischen fast doppelt so groß: Kosmetik.

"Die einen arbeiten im Garten,andere basteln und wieder andere malen eben aus."

Schwan ist der größte Hersteller von Kosmetikstiften weltweit. Allerdings nur als Zulieferer, denn verkauft werden die Produkte unter den Namen der bekannten Beauty-Marken. Kosmetikstifte hätten sich "zum Wachstumstreiber der gesamten Kosmetikindustrie entwickelt", so der bei Schwan für die Sparte verantwortliche Jörg Karas. Das Unternehmen mit Sitz in Heroldsberg nördlich von Nürnberg profitiert davon unter anderem mit neuen, selbst entwickelten Produkten. Zuletzt hat Schwan Cosmetics den weltweit ersten Puder-Lidschatten in Stiftform auf den Markt gebracht. Neuerdings zählen auch halal-zertifizierte Kosmetikstifte zur Produktpalette.

All das trug dazu bei, dass die Schwan-Stabilo-Gruppe auf das erfolgreichste Jahr ihres 160-jährigen Bestehens zurückblickt. Mit einem um gut 100 Millionen auf 706,7 Millionen Euro gewachsenen Umsatz. Über Gewinne und die eigene Profitabilität macht das Unternehmen keine Angaben. Im laufenden Geschäftsjahr, das am 30. Juni 2017 enden wird, werde sich das Wachstum "nach einem außergewöhnlichen Jahr wieder normalisieren", prophezeit Sebastian Schwanhäußer. Das mache aber auch nichts, denn von der Größe und Ausrichtung her sei die Firma "dort angelangt, wo wir hin wollten".

Denn auf Stifte allein, ob zum Schreiben, für Kinder, malwütige Erwachsene oder zum Schminken, verlässt sich Schwanhäußer schon lange nicht mehr. Vor genau zehn Jahren hat sich das Unternehmen den Rucksackhersteller Deuter gekauft und seitdem mit den weiteren Zukäufen Orthovox (2010) und Maier Sports (2015) eine Outdoor-Gruppe als drittes Standbein aufgebaut. Zur Sicherheit, um nicht nur vom Geschäft mit Stiften abhängig zu sein. Das Familienunternehmen ist in 22 Ländern weltweit vertreten, 2200 der 5100 Beschäftigten arbeiten in Deutschland. Insgesamt stieg die Mitarbeiterzahl in den vergangenen zwölf Monaten um zehn Prozent. In den vergangenen Jahren sei die Unternehmensgruppe "relativ unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kontinuierlich gewachsen", hieß es.

Unabhängigkeit ist den Schwanhäußers wichtig, einem weit verzweigten Familienclan, als dessen einziger Repräsentant Sebastian Schwanhäußer operative Verantwortung trägt. Das gilt auch für den Umgang mit Banken. Finanzchef Martin Reim verweist nicht ohne Grund darauf, dass die Investitionen von 70 Millionen Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr vollständig aus Eigenmitteln bestritten wurden. Auch in Zukunft werde die Schwan-Gruppe "kräftig in die Zukunft investieren, denn das ist bei Negativzinsen die beste Lösung", sagt Reim.

Für das Geld wurden in den vergangenen Jahren ein neues Kosmetik-Produktionszentrum in den USA auf-, und Standorte in Mexiko und Kolumbien ausgebaut. Auch am Stammsitz Heroldsberg entstand ein architektonisch imposantes, neues Verwaltungsgebäude. Bis Ende Juni 2017 will das Unternehmen knapp 60 Millionen Euro investieren. Der größte Teil fließt in die Verdoppelung der Produktionskapazitäten für holzgefasste Kosmetikstifte im tschechischen Schwan-Werk in Krumlov.

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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