Schröder in Moskau:Yukos? Kein Problem!

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In der Affäre um den russischen Ölkonzern Yukos sieht Bundeskanzler Schröder keine Anzeichen für einen Bruch geltenden Rechts.

Er habe Vertrauen in den russischen Rechtsstaat, sagte Schröder laut einem Sprecher zum Auftakt seines eintägigen Besuchs in Moskau. Es sei kein ungewöhnlicher Vorgang, dass ein Staat Steuern auch eintreiben wolle.

Die Weltbank warnte angesichts der Affäre vor einem Schaden für den Investitionsstandort Russland. Yukos stellte sich unterdessen nach dem Ablauf der Frist für die Zahlung von umgerechnet 2,8 Milliarden Euro Steuerschulden auf die Zwangsvollstreckung ein.

Schröder würdigte bei seinem ersten Zusammentreffen mit Präsident Wladimir Putin den Erfolg von dessen Wirtschaftsreformen. Diese hätten Vertrauen in der deutschen Geschäftswelt geschaffen. Er betone dies, weil es zuweilen Debatten gebe, die anderes suggerierten.

Schröder verwies darauf, dass heute mehr als 3500 deutsche Unternehmen in Russland engagiert seien.

Putin hob hervor, dass Deutschland nicht nur "der größte Wirtschafts- und Handelspartner" seines Landes sei, sondern auch für die höchsten Investitionen in Russland stehe.

Er kündigte an, dass Vertreter beider Seiten eine Erklärung zur "Ausweitung der Zusammenarbeit im Energiesektor" abgeben würden. Schröder erklärte laut einer Rede vor Studenten der Moskauer Finanzakademie, die bisherige Zusammenarbeit solle künftig "weit über die Lieferung von Brennstoffen" hinausgehen.

Nach Angaben der Berliner Zeitung (Donnerstagausgabe) will Eon-Chef Wulf Bernotat in Moskau ein Abkommen über den direkten Einstieg in die Gasförderung unterzeichnen. Die Übereinkunft mit Partnern wie Gazprom sehe Milliardeninvestitionen von Eon und der Tochter Ruhrgas vor. Mittelfristig strebe der Eon an, 15 bis 20 Prozent seiner Erdgasbezüge aus eigener Förderung zu decken.

Der "Einzelfall" Yukos

Neben Bernotat gehören zur Delegation Schröders unter anderem der Ruhrgas-Vorstandsvorsitzende Burckhard Bergmann und Siemens-Chef Heinrich von Pierer. Für den Abend war ein Abendessen mit Wirtschaftsvertretern und Putin vorgesehen, vor dem Verträge über Investitionsabkommen unterzeichnet werden sollten.

Bereits im Vorfeld schloss der Lebensmittelhändler Rewe mit der Moskauer Marta-Gruppe ein Abkommen über einen Einstieg in den russischen Markt. Insgesamt wollten die Unternehmen in den kommenden drei bis fünf Jahren eine halbe Milliarde Dollar in das Gemeinschaftsunternehmen Billa Russia investieren, an dem Rewe 75 Prozent halten wird.

"Ich glaube, dass die Bundesregierung dort etwas Hervorragendes gemacht hat, und wir werden sehen, dass wir dieses honoriert bekommen", sagte der Vorsitzende des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold, im DeutschlandRadio.

Zum Fall Yukos betonte er, dieser sei aus seiner Sicht ein "Einzelfall", der aber nicht auf die leichte Schulter genommen werde.

Der Chefökonom der Weltbank in Moskau, Christof Rühl, sagte im Deutschlandfunk, solange die Frage im Raum stehe, ob Yukos wirklich ein isolierter Fall sei, "ist das Investitionsklima negativ beeinflusst".

Aus seiner Sicht setze Präsident Putin durch die Yukos-Affäre die Erfolge seiner Wirtschaftspolitik aufs Spiel, die Russland nach den "leicht chaotischen" 90er Jahren Stabilität gebracht hätten.

Nach dem Fristablauf am Mittwoch könnten die Gerichtsvollzieher mit der Pfändung und dem Verkauf von Yukos-Eigentum beginnen, sagte Yukos-Sprecher Alexander Schadrin am Vormittag. Bis zuletzt versuchte die Yukos-Führung, noch eine gütliche Einigung mit der Regierung zu erzielen.

Der wegen Betrugsvorwürfen und Steuerhinterziehung inhaftierte Gründer des Konzerns, Michail Chodorkowski, hatte am Mittwoch über seinen Anwalt bestätigt, dass er bereit sei, sich von seinen Anteilen zu trennen.

Kritiker werfen Präsident Putin vor, Chodorkowski aus politischen Motiven zu verfolgen, nachdem der Geschäftsmann vor den Präsidentschaftswahlen die Opposition massiv unterstützt hatte.

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