Schöner klingen:Neuer Name - verzweifelt gesucht

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Nicht nur RAG und Karstadt-Quelle wollen lieber anders heißen.

Stefan Weber

Manchmal ist es kurios, wie Unternehmen zu ihren Namen kommen. Da blättern hoch bezahlte Manager in den Latein- und Griechisch-Schulbüchern ihrer Kinder - auf der Suche nach Anregungen.

Zwei Millionen Namen sind in Deutschland bereits eingetragen. (Foto: Foto: ddp)

Oder in einem Telefongespräch fällt beiläufig ein Begriff, nach dem später ein milliardenschwerer Konzern benannt wird. So ist etwa die Ergo-Versicherungsgruppe vor knapp zehn Jahren zu ihrem Namen gekommen.

Wochenlang hatte das Management verschiedene Vorschläge geprüft und immer wieder verworfen, ehe Edgar Jannott, der damalige Vorstandschef der Victoria-Versicherung, resigniert feststellte: "Ergo haben wir immer noch keinen Namen." Damit war das Problem gelöst.

Frisches Erscheinungsbild

Dass der RAG-Konzern und Karstadt-Quelle, die beiden derzeit prominentesten Fahnder nach einem neuen Namen, ähnlich zufällig zu einer neuen Identität finden, ist nicht zu erwarten.

"Eine Namenssuche kann bis zu einem halben Jahr dauern", sagt Sybille Kircher, geschäftsführende Gesellschafterin der auf Unternehmens- und Produktnamen spezialisierten Agentur Nomen.

Erste Vorschläge ließen sich zwar rasch erarbeiten. Aber dann müssten sprachliche und juristische Hürden genommen werden, betont sie. Ist der Name auch von Amerikanern, Franzosen oder Spaniern leicht auszusprechen?

Hat er in anderen Ländern möglicherweise eine wenig schmeichelhafte Bedeutung? Vor allem aber: Ist der Name überhaupt verfügbar?

Allein in Deutschland sind zwei Millionen Marken eingetragen. In jedem Jahr kommen weitere 60.000 hinzu.

Manche Wortschöpfer lassen ihre Ideen nur deshalb schützen, um möglicherweise später eine größere Entschädigung von demjenigen zu fordern, der eben diesen Namen verwenden möchte.

Anders als in den neunziger Jahren wird die Suche auch dadurch erschwert, dass der neue Name internetfähig sein muss. Dass heißt, er muss auch als Domainname zu verwenden sein.

Aber warum muss eine Namensänderung überhaupt sein? Verbietet es nicht das kleine Einmaleins des Marketing, eine mit großem finanziellen Einsatz und viel Geduld aufgebaute Marke einfach zu tilgen?

Und ist es unter Umständen nicht eine weniger große Herausforderung, den alten Namen mit neuen Inhalten zu füllen, als Millionen von Menschen kundzutun, dass man künftig bitteschön anders angeredet werden möchte?

Symbol für den Neuanfang

"Immer mehr Unternehmen prüfen, ob ihr Name noch zeitgemäß ist", meint Nomen-Chefin Kircher. Ein Grund dafür seien Firmenzusammenschlüsse. Nicht jeder findet Gefallen an einer Lösung, wie sie die Stahlkonzerne Thyssen und Krupp nach ihrem Zusammengehen gewählt haben - nämlich einen Doppelnamen zu bilden.

Auch ist ein neuer Name nach einer Fusion oft aus psychologischen Gründen die bessere Lösung. Vor allem, wenn sich zwei gleich starke Partner verbünden. Der Zusammenschluss von Veba und Viag zum Eon-Konzern beispielsweise signalisierte nach innen und außen einen Neuanfang.

Immer häufiger wird in Unternehmen jedoch deshalb über eine neue Firmierung nachgedacht, weil sich die strategische Ausrichtung geändert hat.

Der Name des Mischkonzerns RAG etwa steht immer noch vornehmlich für Kohle - und diese Assoziation möchte Vorstandschef Werner Müller mit Blick auf den geplanten Börsengang auslöschen. Ähnlich ist die Situation bei Karstadt-Quelle.

Fehlschlag Deutsche Bank 24

Konzernlenker Thomas Middelhoff beklagt, dass die Aktivitäten der Handelsgruppe in der Touristik in der Firmierung nicht zum Ausdruck kommen.

Über einen anderen Tatbestand, der für einen neuen Namen sprechen könnte, redet er nicht: dass die Marke Karstadt-Quelle durch die Ereignisse in den vergangenen Jahren so stark gelitten hat, dass sie kaum noch aufzupolieren ist.

Mit einer Namensänderung allein lässt sich ein Negativimage jedoch nicht korrigieren. Das zeigt das Beispiel der Bundesanstalt für Arbeit, die kaum besser angesehen ist, seit sie Bundesagentur für Arbeit heißt.

Wenn es darum geht, den neuen Namen bekannt zu machen, ist Sparsamkeit nach Ansicht von Nomen-Chefin Kircher fehl am Platz: "Ein solcher Schritt muss in großem Stil kommuniziert werden."

Dann können alle Beteiligten nur hoffen, dass die Zielgruppe den neuen Namen akzeptiert. Wenn nicht, bleibt nur ein kleinlauter Rückzug. Wie ihn die Deutsche Bank angetreten hat, als der Name Deutsche Bank 24 floppte.

© SZ vom 7.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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