Schluss mit der Quote:Die neue Ordnung

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Jahrzehntelang mussten sich die deutschen Rübenbauern an feste Mengenvorgaben halten, im Gegenzug war der Ankaufspreis garantiert. Das ändert sich jetzt: Vorgaben gibt es nicht mehr.

Wenn die EU-Zuckermarktordnung am 30. September 2017 ausläuft, trifft das die deutsche Zuckerindustrie nicht unvorbereitet. Schon 2006 hat die EU die Produktionsquote gelockert, die komplette Abschaffung war abzusehen. Bei Südzucker in Mannheim, dem weltgrößten Zuckerhersteller, hat man sich schon seit Jahren auf die neue Lage eingestellt. Gut 30 Fabriken betreibt der Konzern in Europa, neun davon in Deutschland, etwa in Mannheim, im niederbayerischen Plattling oder in Ochsenfurt in Unterfranken. Im vergangenen Jahr wurde in den Fabriken durchschnittlich an 107 Tagen Zucker verarbeitet - nun, mit dem Wegfall der Quote, sollen die Produktion gesteigert und die Anlagen besser ausgelastet werden, heißt es im Geschäftsbericht.

Auch die zuliefernden Landwirte haben ein Interesse, dass Südzucker wettbewerbsfähig bleibt. Direkt oder über Genossenschaften sind sie die Mehrheitsaktionäre des Konzerns. Bislang garantierte der ihnen einen Mindestpreis. Nun müssen sie abwägen: Je mehr ihnen Südzucker für die Rüben zahlt, desto schwieriger wird es für den Konzern, sein Produkt auf dem Weltmarkt abzusetzen. Der ist stark umkämpft: Weltweit werden jährlich etwa 180 Millionen Tonnen Zucker produziert. Nur vier Millionen Tonnen kommen von Südzucker.

Mit einem Prämiensystem will der Konzern für die Bauern Anreize schaffen und ihnen die Planung erleichtern. "Wenn die Landwirte zusätzliche Leistungen erbringen, um die Qualität der Rüben zu verbessern, dann zahlen wir", sagt ein Sprecher. Etwa, wenn sie die geernteten Rüben im Winter abdecken oder sie sauber anliefern.

Da mit der Zuckermarktordnung auch die Beschränkungen für den Export verschwinden, hat Südzucker Lager in vielen europäischen Seehäfen eingerichtet, darunter etwa im belgischen Antwerpen, um schneller auf Nachfrage reagieren zu können. Zugleich wurde in Transportmittel investiert, mehr als 200 Güterwaggons stehen bereit.

Neue Exportmärkte zu erschließen, ist aber nicht so leicht. Zwar steigt der Zuckerkonsum in Ländern wie China oder Indien, allerdings ist der Privatverbrauch nur ein kleines Segment des Markes. Entscheidend sind die Kunden aus der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Außerdem gibt es weiter Schutzquoten, vor allem Zölle, die den Export erschweren.

Zudem hat der Konzern wenig Einfluss auf den Weltmarktpreis. "Wenn es in Brasilien oder Australien Missernten gibt, bestimmt das den Markt mit", so der Sprecher. Auch der Ölpreis könnte eine Rolle spielen. Ist der hoch, stellt der weltgrößte Exporteur Brasilien die Produktion um: Das Land produziert dann aus dem Zuckerrohr Bio-Ethanol. Dann wird Zucker knapp, der Preis steigt.

© SZ vom 26.08.2017 / bhi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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