Schlachthöfe:Wenig feste Stellen

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Eine Selbstverpflichtung der Industrie soll die Arbeitsbedingungen in der Branche verbessern. Hier ein Mitarbeiter des Fleischunternehmens Tönnies. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Ein Jahr nach einer Selbstverpflichtung großer Betriebe zeigt sich: Für ausländische Arbeiter in Schlachthöfen hat sich manches verbessert. Feste Stellen bekommen sie aber weiterhin selten.

Von Louisa Schmidt, Berlin

Die Hoffnung war groß, als die sechs großen deutschen Schlachthöfe vor einem Jahr ankündigten: Sie wollen alle Jobs auf deutsches Recht umstellen und mehr Arbeiter fest beschäftigen. Vorangegangen waren etliche Berichte über horrende Bedingungen: Ausländische Arbeitnehmer von Subunternehmern mussten etliche Überstunden machen, wurden schlecht bezahlt und kaum abgesichert. Inzwischen haben sich zwölf weitere Betriebe der Selbstverpflichtung angeschlossen und dem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch einen Bericht vorgelegt.

Die Betriebe geben an, dass ihre Angestellten nun alle deutsche Arbeitsverträge hätten. Denn die Subunternehmer, an die sie die Arbeit mit Werkverträgen auslagern, haben Firmen in Deutschland gegründet. Für die vielen osteuropäischen Arbeiter heißt das: Sie sind versichert, wenn sie Unfälle haben, arbeitslos oder krank werden und zahlen auch in die Rentenkassen ein. Doch nicht allen gefalle das: Durch die Beiträge bleibe weniger Lohn, sagt Bernd Maiweg von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Auch die Betriebe schreiben, gerade gut qualifizierte Fachkräfte seien deshalb zu anderen Subunternehmern gewechselt.

Nichts geändert hat sich daran, dass die Schlachthöfe noch immer fast die Hälfte ihrer Mitarbeiter mit Werkverträgen abspeisen. "Die Betriebe entziehen sich so der Verantwortung. Wenn ältere Arbeitnehmer nicht mehr können, entsorgt der Subunternehmer sie einfach", sagt Maiweg. "Wir hören noch häufig, dass Werkvertragsarbeiter weniger Stunden bezahlt bekommen, als sie gearbeitet haben", sagt Szabolcs Sepsi. Er berät für den Deutschen Gewerkschaftsbund Arbeitnehmer in der Fleischindustrie und fordert eine transparente Abrechnung der Arbeitszeiten. Subunternehmer rechneten zum Beispiel Umkleidezeiten nicht an oder zögen Kosten für Schutzanzüge vom Lohn ab. Als Grund für die Werkverträge führen die Schlachthöfe immer wieder den Kostendruck durch die niedrigen Preise im Einzelhandel an.

Minister Gabriel hält den Bericht nach einem Jahr für ein überraschend gutes Ergebnis - abgesehen von zu kleinen Stammbelegschaften. "Da sind die Unternehmen, nett gesagt, zögerlich", sagt er. Ein Gesetz, das im Juni durch das Kabinett ging, soll den Missbrauch von Werkverträgen verhindern.

© SZ vom 29.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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