Scheitern des Rettungspakets:"Dann hilf uns Gott"

Lesezeit: 2 min

Das Scheitern des Rettungspakets in den USA sorgt auf beiden Seiten des Atlantiks für tiefe Bestürzung.

Tag eins nach dem Scheitern des Hilfspakets im US-Repräsentantenhaus: Die Beteiligten mühen sich um Schadensbegrenzung. Ärger und Entsetzen mischt sich mit Hilflosigkeit - und aus Europa kommt Druck. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die USA aufgefordert, das milliardenschwere Hilfspaket zur Bewältigung der Finanzkrise noch in dieser Woche zu verabschieden.

Doch bevor irgendetwas verabschiedet wird, müssen die Geschehnisse vom Montag erst noch verarbeitet werden - etwa bei US-Präsident George W. Bush. Der Präsident habe "sehr enttäuscht" reagiert, sagte ein Sprecher. "Das Land steht fraglos einer sehr ernsten Krise gegenüber, der man begegnen muss." Bush werde mit seinen Beratern über die nächsten Schritte sprechen.

Die beiden Präsidentschaftskandidaten hatten vor der Abstimmung vorsichtige Zustimmung zu dem Plan signalisiert. Bushs Parteifreund John McCain sagte, die Option, nichts zu tun, sei schlicht keine akzeptable Option. Mit Hilfe des Pakets werde Vertrauen wiederhergestellt, und das Wirtschaftssystem komme wieder in Fahrt.

Obama und McCain schieben sich gegenseitig Schuld zu

Nach dem Scheitern des Rettungspakets machten sich beide Kandidaten gegenseitig für das Desaster verantwortlich. Der demokratische Kandidat Barack Obama warf seinem republikanischen Rivalen John McCain vor, seit 20 Jahren gegen eine Regulierung des Finanzsystems gekämpft zu haben.

McCain konterte, Obama stelle nicht das Land, sondern seine persönlichen Ziele an die erste Stelle.

Die gespaltene Haltung zum Rettungspaket hatte unmittelbar vor der Abstimmung in einer leidenschaftlichen Rede der republikanische Abgeordnete Paul Ryan deutlich gemacht: "Wir haben alle Angst, unseren Job zu verlieren". Die meisten Kollegen seien zwar der Ansicht, das Paket müsse verabschiedet werden - "aber bitte ohne mich". Und er fügte hinzu: "Wenn es uns nicht gelingt, das Richtige zu tun, dann hilf uns Gott."

Angst in Europa

Mehr als zwei Drittel von Bushs Republikanern und 40 Prozent der Demokraten hatten am Ende gegen den Plan gestimmt. Der konservative Flügel der Republikaner lehnt derart weitgehende staatliche Eingriffe in die Wirtschaft ab.

Auch in Europa zeigten sich viele enttäuscht. Der britische Premierminister Gordon Brown sagte: "Die Abstimmung in Amerika ist sehr enttäuschend." Die Regierung und die Englische Notenbank würden aber "alles tun, um Stabilität für Großbritannien zu garantieren".

Der Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, bezeichnete die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses als "ausgesprochen bedenklich".

Zwar könne er Bedenken gegen das Antikrisenpaket verstehen. Aber jetzt gehe es nicht mehr um die Frage, wie es zu der Krise gekommen sei, jetzt müsse es nach vorne gehen.

EU-Handelskommissar Peter Mandelson verurteilte die Ablehnung der milliardenschweren Finanzhilfen im US-Kongress als verantwortungslos.

"Die Abgeordneten sind von allen guten Geistern verlassen und ich hoffe, dass wir in Europa keine Politiker und Parlamentarier erleben, die eine solche Verantwortungslosigkeit an den Tag legen", sagte Mandelson.

Der EU-Kommissar forderte zugleich eine breitere internationale Reaktion auf die Finanzkrise. Neben dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und Großbritanniens Premierminister Gordon Brown habe auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in den vergangenen Tagen US-Präsident George W. Bush in einem Telefonat dazu gedrängt, sagte er.

Die EU-Kommission werde Vorschläge für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden, Banken und Regierungen vorlegen.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/AP/hgn/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: