Schaumwein:Ein Hoch auf den Artenschutz

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Zu klein und schwer zu ernten: Alte Obstsorten wie die Kirschsorte Hedelfinger finden keinen guten Absatz. Eine Initiative stellt aus den Früchten daher einen Kirschsecco her - die Rettung für viele Streuobstgärten.

Von Ingrid Brunner

Wie er wohl wird, der Heurige? Dass man sich in Mittelfranken einmal solch eine Frage stellen würde, wer hätte das gedacht? Doch nicht um Wein geht es, sondern um Schaumwein aus Kirschen. Mit dieser Idee haben der Bund Naturschutz und Kalchreuther Kirschbauern eine kleine Erfolgsgeschichte geschrieben. Es stand nicht gut um alte Kirschsorten wie die Hedelfinger, Schneiders Späte, die Großrote oder die Lieferfelder. Der Grund: Die Früchte entsprechen nicht den Modelmaßen, wie sie der Kunde erwartet. Zu klein seien sie, sehr schwer zu ernten und noch schwerer zu verkaufen, sagt Otto Klaußner, Kirschbauer in Kalchreuth bei Nürnberg. Schon drohte die Motorsäge den alten Kirschgärten den Garaus zu machen.

Doch da trat der Bund Naturschutz in Bayern auf den Plan. Ein wertvolles Biotop seien die Streuobstgärten, die Obstwiesen böten Lebensraum für seltene Totholzinsekten wie den Kirschprachtkäfer und Vögel wie den Wendehals. Gerade noch rechtzeitig schlossen sich Kirschbauern, der Bund Naturschutz, der Landkreis Erlangen-Höchstadt, der Bezirk Mittelfranken und die Gemeinde Kalchreuth im Jahr 2009 zum "Kirschenprojekt" zusammen. Was aber macht man mit schmackhaften Kirschen, die keiner kauft? Marmelade, Saft, Schnaps und Likör? Das gab es alles schon. Eine prickelnde Idee musste her.

So kamen die Kirschbauern unter der Leitung von Kurt Schmidt, dem Vorsitzenden der Kalchreuther Erzeugergemeinschaft, auf den Kirschsecco. Seit sieben Jahren reisen nun schon Kirschen unmittelbar nach der Ernte in eine Sektkellerei bei Mainz. Das Know-how, aus Trauben Sekt zu keltern, lässt sich offenbar auch auf Kirschen anwenden. Je nach Ernte treten dann im Oktober zwischen 4000 und 8000 Flaschen Kirschsecco die Heimreise an.

Wie er wohl wird? "Das müssen S' dann sowieso mei Frau fragen", sagt Kurt Schmidt, "ich bin doch mehr der Biertrinker." Wer selbst mal testen möchte: Die nächste Kalchreuther Kirschkerwa im Juli 2017 wäre eine gute Gelegenheit.

Informationen: www.bund-naturschutz.de/kirschenprojekt, www.kalchreuth.de

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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