Schaeffler mit Kurzarbeit:Wo sind die Jobs und die Milliarden?

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Maria-Elisabeth Schaeffler in der Krise: Sie braucht Staatsbürgschaften für Milliarden - und die Arbeit geht in ihrer Gruppe aus. Die Kanzlerin hilft erst einmal nicht.

Sie wollte zur Primadonna der deutschen Industrie aufsteigen - zur Frau, die den Zweig der Autozuliefer neu ordnet. Doch nun wird Maria-Elisabeth Schaeffler und ihre Gruppe voll von der Wirtschaftskrise erwischt, die sie eigentlich ausnutzen wollten.

Wenn es nach Peter Struck geht, bekommt Maria-Elisabeth Schaeffler kein Geld vom Staat. (Foto: Foto: dpa)

Nun müssen beim angeschlagenen Autozulieferer Schaeffler Tausende Mitarbeiter kurzarbeiten. Unternehmenssprecher Detlef Sieverdingbeck erklärte am Sonntag, Dauer und Umfang würden am Dienstag bei Betriebsversammlungen bekanntgegeben. Zuvor wolle man öffentlich keine Einzelheiten mitteilen. Es sei aber die überwiegende Zahl der Standorte betroffen. Der Schaeffler-Konzern hat in Deutschland rund 25 Standorte mit etwa 31.000 Mitarbeitern.

Auch ein Zukunftskonzept für Schaeffler/Conti soll erarbeitet werden. So etwas hatte die Bundeskanzlerin Angela Merkel öffentlich vermisst - und erteilte der fränkischen Firmenchefin Schaeffler, die dringend Staatshilfe braucht, erst einmal eine Abfuhr. Schaeffler bittet Bund und Länder insgesamt um Bürgschaften von bis zu vier Milliarden Euro.

Die CDU-Chefin erläuterte persönlich, es könne nicht sein, dass die Steuerzahler riskante Unternehmensentscheidungen finanzierten - die heutigen Besitzer des Unternehmens aber nicht zur Verantwortung gezogen würden. Der Staat zahle nicht "die Zeche für riskante Unternehmensentscheidungen". Merkel wies aber auch darauf hin, dass bei Schaeffler nach der Conti-Übernahme 200.000 Menschen beschäftigt seien.

Die Arbeitnehmervertreter von Schaeffler sprechen sich für ein Engagement des Bundes aus. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Norbert Lenhard sagt, der Wälzlagerhersteller und Autozulieferer sei im Kern gesund. Man müsse aber scharf darauf achten, dass "die Risiken, die Frau Schaeffler mit ihrem Privatvermögen eingeht, nicht das Unternehmen und die Arbeitsplätze bedrohen".

SPD und Grüne aber lehnen eine solche staatliche Unterstützung ab. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) kritisierte im Zusammenhang mit der Conti-Übernahme durch die Schaeffler-Gruppe eine seiner Meinung nach zu leichtfertige Geldvergabe der Banken. Beide Konzerne sind mit insgesamt rund 22 Milliarden Euro verschuldet.

"Wir sind strikt gegen weitere Staatshilfen für Unternehmen, die selbst verschuldete Kreditschwierigkeiten haben", sagte SPD- Fraktionschef Peter Struck: "Würden wir in einem Fall nachgeben, könnten wir anderen die gleiche Hilfe nicht verweigern." Struck kritisierte zugleich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) - den Franken, in dessen Wahlkeis die Schaeffler-Gruppe ihre Heimat hat. Es sei unglücklich, dass Glos über ein direktes Engagement des Bundes spreche, sagte Struck. "Wenn Länder wie Niedersachsen, Baden-Württemberg oder Bayern helfen wollen, sollen sie es aus eigener Kraft tun."

Solms warnte vor Staatshilfen bei Konzernfusionen, wie im Fall der Autozulieferer Schaeffler und Continental. "Nach den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft hat der Staat die Spielregeln festzulegen und deren Einhaltung zu überwachen. Er darf aber nicht in die Märkte eingreifen oder selbst mitspielen", sagte er. Hilfe für Einzelbetriebe führe immer zu Wettbewerbsnachteilen der konkurrierenden Unternehmen.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) will staatliche Hilfen nicht kategorisch ausschließen. Man müsse an die vielen kleinen Selbstständigen und Arbeitnehmer denken, die von dem Unternehmen abhängig seien. Zunächst sei es jedoch erforderlich, die Eigentümer selbst zur Kasse zu bitten.

Die Vorsitzende des Bundestagswirtschaftsausschusses, Edelgard Bulmahn (SPD), sagte: "Von Milliardären wie Frau Schaeffler erwarte ich, dass sie einen Sanierungsbeitrag aus ihrem Privatvermögen leisten."

Der Vorsitzende der Niedersachsen-CDU, David McAllister, hob hervor: "Dass Frau Schaeffler einen eigenen Beitrag zur Sanierung leistet, ist eine Selbstverständlichkeit."

Der FDP-Landesvorsitzende Philipp Rösler sagte: "Der Staat kann nicht das Risiko von Frau Schaeffler übernehmen. Das muss sie selber mit ihren Banken klären."

Der CDU-Mittelstandspolitiker Michael Fuchs sagte, der Staat brauche weder Beteiligungen an der Autoindustrie noch an Automobilzulieferern. "Deshalb dürfen wir auch im Fall Schaeffler nicht zulassen, dass der Steuerzahler Zockern mit frischem Geld aus der Patsche hilft", forderte er.

In Niedersachsen wächst derweil die Sorge, dass eine mögliche Staatshilfe für das fränkische Familienunternehmen norddeutsche Interessen gefährden könnte. Landeswirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) sagte der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: "Wir können es nicht hinnehmen, wenn in einem Zusammenspiel aus bayerischer Staatsregierung und CSU-geführtem Bundeswirtschaftsministerium Entscheidungen fallen, die womöglich zu Lasten der niedersächsischen Continental-Standorte gehen." Die Sanierung des Schaeffler-Konzerns dürfe nicht zu Lasten der gesunden Conti-Standorte gehen.

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete, die selbst in Schwierigkeiten geratene Royal Bank of Scotland, die bislang Führer des Schaeffler-Bankenkonsortiums war, habe ihr Kreditpaket an die Commerzbank weitergereicht. Die Commerzbank, bei der der Bund inzwischen ein Viertel der Anteile hält, werde damit zum zentralen Geldgeber.

© sueddeutsche.de/AP/Reuters/ddp-bay/jkr/gal/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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