Schaeffler:Ausknipsen, anknipsen

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Die Werksschließung in Franken geht, anders als befürchtet, geräuschlos vonstatten und ist Teil des Neuanfangs der Firma.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Als Schaeffler vor etwa einem Jahr ankündigte, das Werk im unterfränkischen Elfershausen nach 67 Jahren zu schließen, standen die Zeichen auf Sturm. Aus Protest versammelten sich Mitarbeiter am Werkstor und hielten Plakate hoch. "10 Jahre fünf Stunden pro Woche umsonst", hatten sie auf eines geschrieben, und die Frage dazu: "Ist das der Dank?" Eine Anspielung darauf, dass die Schaeffler AG für Elfershausen eine Standortgarantie bis 2020 abgegeben hatte und im Gegenzug die 260 Beschäftigten fünf Wochenstunden mehr arbeiteten, ohne Lohnausgleich.

Der Wälzlagerhersteller sparte dadurch etwa 17 Millionen Euro ein. Das Werk wird trotzdem geschlossen. Und zwar bereits zum 31. Dezember 2017. Diesen Freitag arbeitete dort die letzte Schicht; kommende Woche wird aufgeräumt und abgebaut. "Am 2. Januar ist die Halle komplett geräumt", sagt Norbert Lenhard, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Schaeffler.

Dass die Werksschließung letztlich doch ohne großen Arbeitskampf vonstattenging ist dem Umstand geschuldet, dass 210 der 260 betroffenen Beschäftigten neue Jobs im Schaeffler-Werk in Schweinfurt gefunden haben, gerade einmal 30 Kilometer entfernt. Dorthin wird die bislang in Elfershausen angesiedelte Produktion von Federbein- und Schrägkugellagern verlagert. Die Betroffenen erhalten vom Arbeitgeber Fahrtkostenzuschüsse und es gibt detaillierte Regelungen über etwaigen Nachteilsausgleich. Die anderen 50 Mitarbeiter nahmen Abfindungs- oder Vorruhestandsangebote an, gekündigt wurde niemandem. "Das Unternehmen hat alle Vereinbarungen eingehalten", sagt Lenhard.

Erstmals seit Jahren wächst die Industriesparte schneller als das Automobilgeschäft

Die Werksschließung ist Teil einer Runderneuerung der Industriesparte von Schaeffler. Im Vergleich mit der weit größeren Automobilsparte schwächelt das Industriegeschäft seit Jahren. Um das zu ändern, hat das Unternehmen Manager ausgetauscht, mehrere Hundert Stellen weltweit gestrichen, sowie die Sparte umorganisiert und neu ausgerichtet. Im Zuge dessen werden die bislang in Elfershausen hergestellten Rillenkugellager im günstigeren Portugal gefertigt.

Erste Erfolge sind sichtbar. Erstmals seit Jahren wuchs die Industriesparte im dritten Quartal kräftiger als die Automobilsparte von Schaeffler, nämlich um 9,2 gegenüber fünf Prozent. "Das hatten wir seit Jahren nicht mehr", sagte Schaeffler-Vorstandschef Klaus Rosenfeld.

Während er "nachhaltiges Wachstum" und höhere Gewinnmargen im Industriegeschäft erwartet, kämpft Karlheinz Kickuth mit den Folgen der Werksschließung. Er ist Bürgermeister der Gemeinde Elfershausen (2800 Einwohner), der nun der mit Abstand größte Gewerbesteuerzahler wegbricht. Schaeffler steuerte bis zu 50 Prozent dieser Einnahmen bei.

Vom ersten Schock habe er sich aber erholt, sagt Kickuth. Er ist zuversichtlich, dass ein Interessent aus der metallverarbeitenden Industrie das Werksgelände übernimmt und es dort weitergeht. "Die Lichter gehen schon aus", kommentiert Kickuth vor diesem Hintergrund das Schaeffler-Aus in Elfershausen nach fast 70 Jahren. "Aber wir sind schon dabei, sie wieder anzuknipsen".

© SZ vom 23.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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